Jagd

[462] Jagd, Jägerei, Waidwerk. das Verfahren wilde Thiere zu erlegen oder zu fangen, je nach dem Culturzustande eines Landes und Volkes ein Gewerbe, das Nahrung, Kleidung und Handelsgegenstände liefert (Jägerstämme, Ansiedler), oder zur Sicherheit u. Abwehr oder lediglich zum Vergnügen betrieben wird. Mit der Blüte des Ackerbaus und der Industrie ist eine ausgedehnte J. unverträglich. sie wird alsdann rein zur Sache des Vergnügens u. die großen Grundherren legen Wildparke an od. hegen das Wild nur in bestimmten Bezirken mit bestimmten Vorkehrungen gegen Schädigung der Pächter u. Bauern. Bei den alten Griechen u. Römern war das J. recht frei od. an den Grundbesitz gebunden, im Mittelalter wurde dasselbe mit der Ausbildung des Lehenwesens Vorrecht der Lehensherren u. der Wildstand durch Zwangsgesetze gesichert. Nach der späteren Anschauung, daß alles Herrenlose über und unter der Erde dem Landesherren gehöre und nur durch dessen Belehnung erworben werden könne, wurde die J. zum Regale, jedoch blieb dem Lehensadel in Deutschland ein Theil derselben als ausschließliches Eigenthum. So entstand die hohe J., indem sich der Landesherr gewisse Thiere vorbehielt. und die niedere J., zu welcher aus Mißverständniß der Ausdrücke »hoh« und »nieder« in einigen Gegenden noch eine mittlere J. gefügt wurde. Zur hohen J. gehören: alles größere Wild, Trappen, Kraniche, die größeren Hühner und Brachvögel, Reiher, Adler, Habichte, Falken, Uhu. Zur niederen J.: Hasen, Kaninchen, Eichhörnchen, Füchse, Dachse, Ottern, Wildkatzen, Marder, Iltise, Wiesel, Schnepfen, Rebhühner, Wachteln, Wasserhühner, Strandläufer, Wildtauben, Lerchen, Amseln, Drosseln, Staare, Bussarde, Eulen, Raben, Krähen, Elstern, Heher, wilde Gänse und Enten. Wo Mittel-I. ist. begreift sie: Wildschweine, Wölfe, Waldhühner, die großen Brachvögel. In unserer Zeit hat der Wildstand ungeheuer abgenommen, theils in Folge der Gesetze zum Schutze des Ackerbaus, theils weil die großen Gutsherren der Forstwirthschaft mehr Interesse schenken als der J. und einem großen Wildstande.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 462.
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