Elfen- und Stahlgießerei

[165] Elfen- und Stahlgießerei. – Kleinkupolöfen mit Stundenleistungen von 1000÷500 k und weniger finden Verwendung zum Schmelzen von Roheisen für Temperguß und zum Erproben neuer Gattierungen. Die Ofen werden, um bei der geringen Schachtweite das Ausbessern zu ermöglichen, auch kippbar angeordnet. Besser noch ist die Ausführung mit abhebbarem und seitlich ausfahrbarem Oberteil des Schachtes. – Zur Herstellung kleinerer Gußstücke aus Stahl und Flußeisen (Stahl- und Flußeisenformguß) ist die Kleinbessemerei[165] sehr in Aufnahme gekommen. Die Birnen (Konverter) fallen 1, sehr häufig 2 t, seltener 3÷5 t, und der Wind wird nicht durch Bodendüsen zugeführt wie bei den großen Birnen, sondern tritt seitlich oberhalb des Eisenspiegels aus einer Anzahl etwas schräg nach unten gerichteter Düsen aus und trifft nur die Oberfläche des Bades. Es wird empfohlen, Flußeisen und Stahl nachträglich im Elektroofen zu verfeinern, namentlich um es von Schwefel und Phosphor zu befreien. Mit einer Birne können leicht zwanzig und mehr Schmelzungen im Tag ausgeführt werden. (Kippbarer Elektroschmelzöfen von Héroult für 1000 kg in Gießerei-Ztg. 1916, S. 26.) Zur Versteifung und Schonung zerbrechlicher oder vielgestaltiger Holzmodelle ist vorgeschlagen worden, diese mittels des Schoopschen Metallspritzverfahrens mit einem Uebergang von Kupfer oder Aluminium zu versehen (Stahl und Eisen 1919, S. 800). Die Verwendung von Dauerformen in der Eisengießerei macht Fortschritte und wird wahrscheinlich in Zukunft eine erheblich ausgedehntere Anwendung namentlich in der Massenherstellung finden, weil dadurch, abgesehen von der zu erzielenden größeren Genauigkeit der Gußstücke, die Herstellung verbilligt werden kann. (Dauerformen in der Eisengießerei; eine Zusammenstellung neuer Patente. Gießerei-Ztg. 1918, S. 76, 150 und 170. – Stahl und Eisen 1919, S. 324.) Sensaud-Arens haben ein Verfahren ausgearbeitet zur Herstellung gußeiserner Rohre ohne Kern mittels Fliehkraftgusses. Die gußeiserne, röhrenförmige, mit Kühlrippen versehene und wagrecht gelagerte Form wird in schnelle Drehung versetzt. Zur Einführung des geschmolzenen Eisens dient eine dachrinnenartige Mulde, die nach dem Füllen mit einer abgemessenen Eisenmenge in die Form eingeschoben und umgekippt wird. Das Eisen legt sich unter Fliehkraftwirkung sogleich an die Formwand an und erstarrt in wenig Sekunden. Die Mulde wird herausgezogen, eine Scheibe vorgesetzt und mit dieser durch abermalige Einführung der Mulde das noch glühende Rohr herausgedrückt, welches, sobald es genügend abgekühlt ist, in den Asphaltierkessel wandert. Nach den Quellen (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1917, S. 337; Stahl und Eisen 1917, S. 963) soll es möglich sein, stündlich 40 Rohre von 100 mm und 12–20 von über 150 mm zu gießen. Der Guß wird als dicht, blasenfrei und fest geschildert, doch bedarf es jedenfalls einer besonderen Gattierung des Eisens. – Beschreibung und Abbildungen einer Fliehkraftgießmaschine für Kolbenringe befindet sich in der Zeitschr. f. Maschinenbau 1919, S. 49.

Spritz- oder Matrizenguß (vgl. a. Eisengießerei im Ergbd. I). Dieser kam bisher nur für das Vergießen leichtflüssiger Legierungen aus Zink, Blei, Zinn, Aluminium in Frage. Neuerdings scheint es der Doehler Die Castings Co. gelungen zu sein, das Verfahren so auszubilden, daß auch schwerflüssige Legierungen, Bronze, Messing, Aluminiumbronze vergossen werden können, was einen erheblichen Fortschritt in der Herstellung von Massenartikeln bedeuten würde. (Die Werkzeugmaschine 1917, S. 341.)

Umgekehrter Hartguß. Darunter versteht man das Auftreten harter, aus weißem Eisen bestehender Partien inmitten von Graugußstücken, wodurch diese zu Ausschuß werden. Diese schon früher ab und zu beobachtete Erscheinung ist namentlich in den Kriegsjahren, in denen neben Roheisen viel Bruch mit verschmolzen werden mußte, häufiger aufgetreten. Es fehlt bis jetzt eine durchaus befriedigende Erklärung über die Ursachen, welche die Entstehung des umgekehrten Hartgusses veranlassen. (Gießerei-Ztg. 1918, S. 33, 299, 382 und 1919, S. 56.).

Auffindung von Lunkern u.s.w. in Gußstücken. Versuche mit Röntgenstrahlen haben bis jetzt ein nennenswertes Ergebnis nicht gehabt. Wohl gelingt es, Höhlungen in dünnen Stücken damit nachzuweisen, aber nicht in dicken, z.B. Flußeisen und Stahlblöcken u.s.w. (Gießerei-Ztg. 1917, S. 1, 20, 36). – Vielleicht hat ein anderes in derselben Quelle (1916, S. 9) angegebenes Verfahren mehr Aussicht auf Erfolg. Ueber das zu prüfende Gußstück werden zwei Elektromagnete von Hufeisenform, die in einigem Abstande voneinander angebracht sind, hinweggeführt. Beide Elektromagnete haben noch eine Sekundärwickelung, welche mit je einem Summer verbunden ist, dessen Ton durch ein Mikrophon verstärkt und durch ein Telephon dem Beobachter deutlich zu Gehör gebracht wird. Die von den Polen der Elektromagnete ausgehenden Kraftlinien durchdringen das zu untersuchende Stück und werden von diesem gleichmäßig beeinflußt, solange das Versuchsstück homogen ist. Lunker, unganze Stellen, Schlackennester führen Störungen der Kraftlinien herbei, wodurch sich der Ton des Summers ändert.

Kupolofenschmelzanlage. Fr. Meise in Karlsruhe macht den beachtenswerten Vorschlag, die Kupolöfen nicht wie bisher über der Hüttensohle aufzubauen, sondern so tief zu versenken, daß die Gicht in Höhe der Hüttensohle liegt. Dadurch werden der Bau einer häufig recht teueren Gichtbühne und die Anlage von Aufzügen für Eisen, Koks und Zuschläge überflüssig. Dafür muß allerdings das geschmolzene Eisen und die Schlacke mittels Kraus aus einer Grube herausgeholt werden, aber dieser steht in jeder größeren Gießerei zur Verfügung.


Literatur: Geiger, Handbuch der Eisen- und Stahlgießerei, Bd. II, Berlin 1916. – Uhlmann, Der Spritzguß. Handbuch zur Herstellung von Fertigguß in Spritz-, Preß-, Vakuum- und Schleuderguß, Berlin 1919. – Vgl. a. Eisengießerei, Ergbd. I.

Lüdicke.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 165-166.
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