Säemaschine

[541] Säemaschine (s.a. Kartoffellegemaschine) dient zum mechanischen Ausstreuen von Samen entweder in gleicher Weise wie durch den Säemann von Hand (Breitsäemaschine) oder durch Einlegen der Samen in Reihen (Reihensäe- oder Drillmaschine) oder durch Ausstreuen von Häuschen in gewissen Abständen innerhalb der Reihen (Dibbelsäemaschine).

Die Handbreitsäemaschine besteht aus einem dem Körper des Säemanns angepaßten Blechtrichter, an dessen oberen Rand ein mit Tragriemen versehener kurzer Sack sich anschließt. Am Boden des Trichters befindet sich die durch eine Handkurbel in Umdrehung versetzte Streuscheibe. – Für breitwürfige Saat kleiner glatter Samen, wie Klee, Lein, Raps u.s.w., findet der Kleesäekarren vielfach Verwendung. Der 3,75 m breite Saatkasten birgt eine Welle, die mit Rundbürsten besetzt ist. Wird diese nach Einrücken des Zahnradgetriebes und Fortschieben des Karrens in Drehung versetzt, so schieben die Bürsten das Saatgut durch die an einer Bodenschiene befindlichen, nach Zahl und Weite veränderlichen Oeffnungen hinaus. Für die Saat sämtlicher Sämereien, größere Leistung und Spannbetrieb dienen die stärker ausgeführten, mit zwei Rädern, Scherendeichsel und massiven Schubrädern anstatt der Bürsten ausgerüsteten Breitsäemaschinen (Fig. 1). Der großen Breite wegen sind sie dadurch für den Längstransport eingerichtet, daß die Fahrräder nach Abnehmen der Deichsel auf die in Fig. 1 sichtbaren, in der Mitte der Längswände angebrachten Achsen umgesteckt werden können. Die in gewissen Abständen im Saatkasten befindlichen Schub- oder Schaufelräder schieben die Samen durch verstellbare Oeffnungen[541] des Bodens oder der hinteren Wand des Saatkastens hinaus, von wo das Saatgut auf ein Verteilungsbrett fällt, das die breitwürfige Verteilung bewirkt. Straffes Einspannen des Pferdes in die Deichsel, um das Schleudern zu verhüten, und guter Anschluß an die letzte Radspur ist bei der Arbeit besonders zu beachten.

Die Reihensäemaschine (Drillmaschine) dient zum Aussäen verschiedener Sämereien in geraden parallelen Reihen mit ununterbrochenem Zulauf und zugleich zum Unterbringen der Samen in gleichmäßiger Tiefe. Das Gestell besteht in einem Holz- oder T-Eisenrahmen, dessen hinterer Teil als Unterlage für den Saatkasten dient und auf zwei Fahrrädern ruht, während der vordere Teil desselben, wenigstens bei den größeren Reihensäemaschinen, mit einem Vordergestell verbunden ist, das zum genauen Steuern der Maschine dient (Vordersteuer). Unterhalb des Saatkastens ist an einer Querschiene des Rahmens ein System von Drillscharen befestigt (Fig. 2), welchen die Aufgabe zufällt, in dem zugerichteten Felde Rillen zu ziehen, in welche durch den Säeapparat der Samen gestreut wird. Die Schare sind in zwei Reihen angeordnet, um das Zusammenschieben von Erde zu verhüten; ihre Zahl und Entfernung (Drillweite) kann zwischen 10–15 bis 50 cm gewählt werden. Die Anstellung geschieht mit Hilfe eines Stellbretts, auf dem die Entfernung der Schare bei bestimmter Anzahl derselben durch Striche markiert ist; die Befestigung an der dreikantigen Querschiene erfolgt mittels einer Schraube. Ein Scharnier der Scharstange ermöglicht die vertikale Hebung und Senkung der Schare. Der Tiefgang der Schare ist abhängig von der Lockerheit des Bodens, der Form und dem Gewicht desselben; nötigenfalls wird das einzelne Schar durch Anhängen von Gewichten beschwert. Beim Umwenden mit der Maschine werden alle Schare zugleich gehoben. Ueber dem Scharsystem befindet sich, auf Rahmen und Fahrradachse gelagert, der Saatkasten nebst den Säevorrichtungen. Der Saatkasten dient zur Aufnahme des Saatguts und steht durch verstellbare Schieber in Verbindung mit dem Schöpfraum, aus dem die auf einer gemeinschaftlichen Welle sitzenden Säevorrichtungen die Samen aufnehmen und an die Saatleitungen abgeben, durch die sie in die durch die Schare gezogenen Rillen fallen. Bei den Säevorrichtungen selbst unterscheidet man solche für Obersaat, die das Saatgut aus dem Saatkasten bezw. einem an diesen anschließenden Kanal herausschöpfen und es über ihren Scheitel hinweg in die Saatrohre fallen lassen (Fig. 3), und solche für Untersaat, die das Saatgut auf dem Boden eines sich an den Saatkasten anschließenden Kanals entlang in die Saatrohre hineinschieben (Fig. 4). Die Saatmenge wird durch Auswechseln der zum Antrieb der Säeeinrichtung dienenden Zahnradübersetzung geregelt. Bei der ersteren Gattung geschieht die Anpassung an die Größe des Saatguts (Klee, Getreide, Bohnen u.s.w.) durch Auswechseln der Schöpfscheiben oder Schöpflöffel (Fig. 6) gegen solche an größeren oder kleineren Zellen und bei den Schubrädern dadurch, daß man, wie Fig. 4 zeigt, gleichzeitig mit der Einstellung des Bodens des Saatkanals das Schubrad selbst nach rechts oder links in dem Gehäuse vorschiebt, wodurch ein größerer oder kleinerer Teil seiner Breite zur Wirkung gelangt. Die Schubrädersäemaschinen können auch so eingerichtet sein, daß sie für Unter- und Obersaat verwendet werden können. Näheres über die verschiedenen Systeme in [1] und [2].

Bei den Dibbelmaschinen wird der Samen nicht in ununterbrochenem Strom, sondern in Abständen abgegeben, so daß die Körner in Häuschen zu liegen kommen. Besonders bei der Ansaat des Maises, dann auch der Rübe wird diese »horstweise oder Dibbelsaat« ausgeführt. Die Dibbelvorrichtung besteht entweder darin, daß die von den Säerädern einer Reihensäemaschine in die Saatleitung abgegebenen Samen auf einer federnden Klappe U sich sammeln und, wenn diese selbsttätig infolge der Einwirkung des Daumenrades RS auf den Hebel DC[542] und entgegen der Wirkung der Feder O auf einen Moment sich zurückzieht, zusammen zu Boden fallen (Fig. 5), oder darin, daß, wie Fig. 6 zeigt, in die Drillschar eine zwangläufig angetriebene oder sich auf dem Boden abrollende Scheibe eingebaut ist, die an ihrem Umfange mit Zellen versehen ist, die ihren Inhalt erst dann entleeren können, wenn sie in die unterste Lage gelangt sind. Damit dabei die Samen beisammen bleiben, wird diese Vorrichtung möglichst nahe über dem Boden angebracht.

Löffeldrill- und Zellenradsäemaschinen säen nur gleichmäßig bergauf und bergab, wenn der Saatkasten horizontal liegt, weshalb er meist freihängend gelagert wird, während bei den Schubrädern die wechselnde Lage des Saatkastens keinen Einfluß äußert. Um einen gleichmäßigen Gang der Reihensäemaschine sowie guten Anschluß an die letzte Spur der Maschine zu erreichen, ist eine Lenkvorrichtung (Steuer) am Vorderwagen nötig, die unabhängig ist vom Pferdezug. Um letzteres zu erreichen, verlegt man den Angriffspunkt in die Mitte des Querrahmens. Das Steuer selbst kann Hintersteuer (Fig. 2) sein oder, was bei breiteren Reihensäemaschinen vorzuziehen ist, Vordersteuer. Dieses besteht entweder nur aus einem Holzhebel oder es ist ein Ketten- oder Schneckenradsteuer; bei sehr breiten Maschinen bedient man sich vielfach des Kurbelsteuers [2]. Zur Bedienung der Reihensäemaschine sind bei Hintersteuer mindestens zwei, bei Vordersteuer drei Personen und je nach Breite der Maschine und Zahl der Schare ein bis drei Pferde nötig. Die nötige Zugkraft gibt Wüst mit rund 10 kg ohne und 14 kg mit Belastung pro Schar oder Reihe an. Die Leistung darf pro Tag mit 1,5–2 ha pro Meter Arbeitsbreite angenommen werden. Die Preise bewegen sich bei Reihensäemaschinen von 1–1,5 m Arbeitsbreite zwischen 250 und 290 ℳ. pro Meter Spurweite, bei 2 m breiten zwischen 215 und 300 ℳ. pro Meter.


Literatur: [1] Eisbein und Schotte, Die Drillkultur, 1895. – [2] Wrobel, Maschinen und Geräte zur Bodenbearbeitung und Reihenkultur, Hannover 1907. – [3] Jahrbuch der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft 1904, S. 500 ff.

Wrobel.

Fig. 1.
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Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
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Fig. 5., Fig. 6.
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Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 541-543.
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Faksimiles:
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