Andreä

[501] Andreä, 1) Jakob, luther. Theolog, geb. 25. März 1528 zu Waiblingen im Württembergischen, ward 1546 Diakonus in Stuttgart, 1549 in Tübingen, 1553 Superintendent in Göppingen, 1562 Professor der Theologie, Propst und Kanzler der Universität Tübingen; starb 7. Jan. 1590. Durch Gelehrsamkeit und diplomatische Gewandtheit ausgezeichnet, war er bei Ordnung des evangelischen Kirchenwesens in Deutschland vielfach tätig und in den dogmatischen Streitigkeiten eifriger Verbreiter lutherischer Rechtgläubigkeit. Durch ihn besonders kam 1577 die Konkordienformel (s. d.) zu stande. Sein Leben beschrieben Fittbogen (Hagen 1881) und Schmoller (mit Auswahl seiner Predigten, Gütersl. 1890).

2) Johann Valentin, Dichter und theologischer Schriftsteller, Enkel des vorigen, geb. 17. Aug. 1586 zu Herrenberg im Württembergischen, gest. 27. Juni 1654 in Stuttgart, studierte in Tübingen Theologie, bereiste dann als Erzieher junger Edelleute Deutschland, Italien und Frankreich, ward 1614 Diakon zu Vaihingen, 1620 Superintendent in Kalw, 1639 Hofprediger in Stuttgart, 1650 Generalsuperintendent von Bebenhausen und Abt von Adelberg. Entschiedener Lutheraner, aber allem dogmatischen Gezänk abhold, allein auf werktätige Christenliebe gerichtet, entwickelte A., als ein Vorgänger Speners und Franckes, in seinen teils lateinisch, teils deutsch geschriebenen Werken eine Fülle kräftiger Gedanken. Die bedeutendsten sind: »Christlich Gemäl« (Tübing. 1612); »Hercules christianus« (Straßb. 1615; deutsch, Frankf. 1845); »Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreuz« (1616), eine Schrift, die von A. selber nicht ernsthaft gemeint war, die jedoch zur Folge hatte, daß man ihn irrtümlich für den Begründer des Ordens der Rosenkreuzer (s. d.) hielt; »Turbo« (1616), eine dramatische Satire gegen das Treiben der gelehrten Welt; »Menippus sive satyricorum dialogorum centuria« (1617); »Christianopolis« (1619), ideale Schilderung eines christlichen Musterstaates; »Geistliche Kurzweil« (Straßb. 1619), volkstümlich kräftige Gedichte in etwas ungelenker Form. Sein Lehrgedicht »Christenburg« (1626) schildert die Kirche unter dem Bild einer belagerten Stadt. Herder machte zuerst wieder auf die Bedeutung der Schriften Andreäs aufmerksam. Seine lateinische Selbstbiographie (deutsch von Seybold, 1799) gab Rheinwald heraus (Berl. 1849). Vgl. Herder, Andreäs Dichtungen mit einer Vorrede zur Beherzigung unsers Zeitalters (Leipz. 1786); Hof, bach, Joh. Val. A. und sein Zeitalter (Berl. 1819); Glökler, Johann Valentin A. (Stuttg. 1886).[501]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 501-502.
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