Anlaufen

[541] Anlaufen, bei Metallen die Bildung eines dünnen Überzugs auf der Oberfläche. Blei und Zink bedecken sich an feuchter Luft mit einer dünnen Schicht von Oxyd oder Kohlensäuresalz, auf Silber entsteht in unreiner Luft ein Überzug von Schwefelsilber, Stahl bedeckt sich beim Erhitzen mit einer zarten Oxydschicht, die je nach ihrer Stärke gelblich, rötlich oder blau erscheint. Ähnliche Anlauffarben nehmen auch Kupfer und Kupferlegierungen beim Erhitzen an. Man erhält dieselben am schönsten in einem Luftbad, das man für Stahl oder Eisen auf 200, für Kupfer auf 120, für Messing auf mehr als 200° anhitzt. Man legt oder hängt den betreffenden Gegenstand hinein und bringt ihn nach Entstehung der gewünschten Farbe zur schnellen Abkühlung auf eine große Metallplatte (Stahl, Eisen) oder taucht ihn in kaltes Wasser. Der Eintritt einer bestimmten Farbe hängt bei Stahl von seiner Zusammensetzung und seiner Härte, der Art der Erwärmung, der Temperatur und die Dauer ihrer Einwirkung ab. Dabei scheint für jede Anlauffarbe eine bestimmte Temperatur zu existieren, unterhalb der diese Farbe nicht auftritt. Die Praxis unterscheidet bei Stahl als Anlauffarben Hellgelb, Dunkelgelb, Orange, Purpur, Violett, Dunkelblau, Hellblau, Meergrün oder Grau. Man benutzt die Anlauffarben beim Härten des Stahles, um bestimmte Härtegrade zu erreichen. Bemerkenswert ist auch die gute Isolationsfähigkeit der den höhern Reihen angehörenden Anlaufschichten und die Möglichkeit, durch das ungleichmäßige Auftreten einer Anlauffarbe nicht homogene Teile in gehärtetem Stahl zu entdecken. Die größte Beachtung aber verdienen die Anlauffarben für die Kunstindustrie, da sie viel weiter gehende Nuancierungen gestatten und haltbarere Färbungen liefern als andre Methoden der Metallfärbung. Über A. und Anlauffarben der Mineralien s. d. – Im Seewesen bedeutet a., auf der Fahrt nach dem Bestimmungshafen einen Zwischenhafen oder Nothafen aufsuchen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 541.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: