Arabesken

[651] Arabesken, die von den Arabern zur Ausschmückung ihrer Architektur angewendeten rein geometrischen oder geometrisch-vegetabilischen Verzierungen, deren Grundformen aus geradlinigen, krummlinigen oder gerad- und krummlinigen, mehr oder minder verschlungenen Figuren bestehen, und deren phantastische Pflanzengebilde mit schlanken, graziösen Stengeln, elastischen, oft in Spiralen auslaufenden Ranken und meist streng stilisierten Blättern, Knospen und Früchten versehen sind. Indem sie die Vermittelung jener strengern Linien bewirken, lassen sie durch eine immer wiederkehrende Regelmäßigkeit und Färbung ihrer vielfach verschlungenen Teile Liniengruppen[651] erkennen, die übersichtlich sind und so einen glücklichen Übergang von den größern und strengern Architekturformen zu dem oft phantastischen Linienspiel des arabischen Ornaments bilden. Beispiele dieser Verzierungskunst gibt die Tafel »Architektur VII«, besonders in Partien aus der Alhambra und dem Alcazar in Sevilla, und die farbige Tafel »Ornamente II«, Fig. 7–12. Moreske nennt man das der Arabeske verwandte Ornament der Mauren, wie es sich vorzugsweise auf den Kunstdenkmälern Spaniens und Siziliens vorfindet. In der modernen Sprache dient Arabeske mißbräuchlich ohne Rücksicht auf den Ursprung des Wortes als Bezeichnung für verschiedene Gattungen von Ornamenten. Zum Teil ist das eigentliche Renaissanceornament italienischen Stiles, die sogen. Groteske, darunter zu verstehen, der die Zieraten der Titusthermen zu Grunde liegen, und die durch Raffaels Schüler Giovanni da Udine in den Loggien des Vatikans die glücklichste Ausbildung fand; zum Teil hat man dabei mehr kalligraphische Umrahmungen im Sinne, wie sie den Bilderhandschriften des Mittelalters entlehnt werden, oder auch naturalistisches Blumengeranke mit Tiergestalten etc. Im gewöhnlichen Sinne versteht man unter A. überhaupt jedes Ornament. Die A. müssen sowohl dem architektonischen Charakter des Gebäudes als auch dem besondern Zweck der Räumlichkeit entsprechen, wobei sie angewendet werden, und danach eine schwerere oder leichtere Form annehmen. Ferner müssen sie sich nach Art, Maß und Form der Bauteile oder Ausstattungsgegenstände richten, die sie schmücken sollen. Auch das Material, aus dem sie bestehen, bedingt den Charakter ihrer Formen. Treten sie als einrahmendes Ornament auf, so müssen sie sich dem umrahmten Kunstgebilde nicht nur unterordnen, sondern auch in Formen und Farben diesem anpassen. Hauptforderung für die Komposition der Arabeske ist Einheit des zu Grunde liegenden Motivs, wonach in der ganzen Arabeske die gleichen Formelemente festgehalten werden und der Reiz der Mannigfaltigkeit nur durch ihre verschiedene Kombination erzielt wird. Vgl. Hessemer, Arabische und altitalienische Bauverzierungen (Berl. 1842); Collinot und Beaumont, Ornements arabes (Par. 1882); Prisse d'Avennes, La décoration arabe (das. 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 651-652.
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