Auslösung [1]

[146] Auslösung, der oft geringfügige äußere Anstoß, durch den die meinem Körper untätig aufgespeicherte Wirkungsfähigkeit (potentielle Energie, s. Energie und Kraft) zu plötzlicher Kraftäußerung (Arbeitsleistung) veranlaßt wird. Die A. ist nicht die Ursache, sondern nur die Veranlassung der erzielten Arbeitsleistung, sie gibt nur den Anstoß zur Verwandlung der bereits vorhandenen, durch die vorausgegangene Spannung erzeugten potentiellen Energie in eine gleichgroße Menge Bewegungsenergie. Bei einem Körper, der sich im Zustande des labilen Gleichgewichts befindet, wie z. B. ein auf seiner Spitze balanciertes Ei, genügt ein Hauch, um ihn umzuwerfen und hiermit die Wirkungsfähigkeit, die er vermöge der erhöhten Lage seines Schwerpunktes innehat, als Wucht der Fallbewegung auszulösen. Im tierischen Organismus können schwache Anstöße durch Vermittelung der Nerven Kräfte von großem Umfang in Freiheit setzen. Die Berührung der Stimmbänder des Kehlkopfes mit einem seinen Haar bewirkt die heftigsten Hustenanfälle, an denen nicht allein die Respirationsmuskeln, sondern noch viele andre Körpermuskeln beteiligt sein können. Die schwache Erregung von wenigen sensibeln Nervenfasern der Kehlkopfschleimhaut erzeugt hier eine Reihe von Veränderungen in den Ganglienzellen des Zentralnervensystems, und es gelangt nunmehr durch Reizung zahlreicher zentrifugaler Fasern eine mächtige Summe von Spannkräften, die in den Muskeln aufgespeichert liegen, explosiv zur Entladung. überhaupt wirkt jede, auch künstliche Erregung von Bewegungsnerven auslösend auf die Spannkräfte der zugehörenden Muskeln. Vgl. J. R. Mayer, Die Torricellische Leere und über A. (Stuttg. 1876); E. Du Bois-Reymond, Über tierische Bewegung (in den »Reden«, 2. Folge, Leipz. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 146.
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