Avérnus

[199] Avérnus (Averner See), kleiner, kreisrunder See bei Cumä in Kampanien, westlich von Neapel, 3 km im Umfang, 65 m tief, 1,2 m hoch gelegen, ein alter Vulkankrater, den das Altertum zum Mittelpunkt fast aller Sagen vom Schattenreich machte. Hierher verlegte man Homers NekyiaOdyssee«, 11. Buch); hier wohnten die Kimmerier in tiefen Höhlen; hier waren Styx und Pyriphlegethon, der-Hain der Hekate, die Elysäischen Gefilde und des Äneas Hinabgang in den Tartarus. Agrippa (unter Augustus) lichtete das mysteriöse Dunkel; er ließ den dichten Wald um den See aushauen und den A. mit dem südlicher liegenden Lukriner See (und weiter mit dem Meer) zu einem Kriegshafen verbinden. Die Entstehung des Monte Nuovo 1538 zerstörte diesen Zusammenhang wieder und verengerte den Umfang des vorher kreisrunden Kraters bedeutend. Was die Alten von der unergründlichen Tiefe und von giftigen Ausdünstungen, die darüber fliegende Vögel töten sollten, berichten, entbehrt der Begründung. An der Ostseite finden sich Ruinen, angeblich eines Apollontempels; an der Südseite der Eingang zur Grotta della Sibilla Cumana, einem 4 m breiten und 5 m hohen unterirdischen Gang, der wohl zu Agrippas Bauten gehört. – Avernalisch, zum Avernus gehörig, höllisch.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 199.
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