Brant

[330] Brant, Sebastian, berühmter Gelehrter und Dichter, geb. 1457 in Straßburg, gest. daselbst 10. Mai 1521, studierte seit 1475 in Basel Humaniora und Rechtswissenschaft, erwarb daselbst die akademischen Grade und dozierte seit 1489 ebenda als Doktor beider Rechte. Durch Vermittelung des ihm befreundeten Geiler von Kaisersberg erhielt er 1501 die Stelle eines Syndikus in Straßburg, wurde hier 1503 Stadtschreiber und machte sich in diesen Ämtern um das städtische Gemeinwesen vielfach, auch in politischen Sendungen, verdient. B. war einer der tätigsten und einflußreichsten Schriftsteller seiner Zeit. Unter seinen zahlreichen Übersetzungen und Ausgaben ist auch eine Bearbeitung des »Freidank« (zuerst Straßb. 1508) zu nennen. Von seinen eignen, teils in lateinischer, teils in deutscher Sprache abgefaßten Werken gelehrten und dichterischen Inhalts, die z. T. den Ereignissen des Tages und der Politik gewidmet sind, ist das bekannteste und einflußreichste die didaktisch-satirische Dichtung »Das Narrenschiff« (zuerst Basel 1494), das in allegorischer Einkleidung, aber ohne strenge Durchführung des Bildes eine lange Reihe von Satiren auf die einzelnen Stände und auf die einzelnen Gebrechen seiner Zeit enthält. Der zeitgemäße Inhalt, Brants gebildete, mit gelehrten Zitaten reich ausgestatteten und doch volkstümlichen Verse und nicht am wenigsten die von einem hervorragenden Künstler herrührenden Holzschnitte (vgl. W. Weismann, Der Meister der Bergmannschen Offizin, Straßb. 1896) verschafften dem Werk eine außerordentliche Verbreitung. Zahlreiche Ausgaben wurden nötig; es wurde nachgedruckt, umgearbeitet, nachgeahmt und erweitert. Ferner wurde es ins Niederdeutsche umgeschrieben und in das Lateinische, Niederländische, Französische und Englische übersetzt; Geiler von Kaisersberg nahm das »Narrenschiff« sogar zum Gegenstand mehrerer Predigten. Die beste neuere Ausgabe lieferte unter Beigabe der andern deutschen und lateinischen Dichtungen Brants und eines ausführlichen Kommentars Friedrich Zarncke (Leipz. 1854). Vgl. Zarncke, Zur Vorgeschichte des »Narrenschiffs« (Leipz. 1868–71, 2 Hefte). Populäre Ausgaben veranstalteten Goedeke (Leipz. 1872) und Bobertag (in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur«, Bd. 16). Eine Übertragung in die moderne Sprache versuchte Simrock (mit den faksimilierten Holzschnitten der 1. Ausg., Berl. 1872).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 330.
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