Brouckère

[464] Brouckère (spr. brukār'), 1) Charles de, belg. Staatsmann, geb. 18. Jan. 1796 in Brügge, gest. 20. April 1860, kämpfte 1815 als niederländischer Artillerieoffizier bei Waterloo und war 1820–29 im Zivilstaatsdienst tätig, gehörte aber als Mitglied der Zweiten Kammer der Generalstaaten (seit 1826) zu den Führern der liberalen Opposition und zu den Vorkämpfern für die Selbständigkeit Belgiens. Nach der Revolution von 1830 Chef des Finanzausschusses der provisorischen Regierung und von Leopold I. 1831 zunächst zum Minister des Innern, dann zum Kriegsminister ernannt, machte er sich um die Reorganisation des Heeres verdient, trat aber schon Anfang 1832 zurück. Seit 1834 Generaldirektor der Münze und Honorarprofessor der Nationalökonomie an der neugegründeten Brüsseler Universität, veröffentlichte er: »Répertoire de l'administration et du droit administratif de la Belgique« (mit Tielemans, Brüss. 1834–46, 7 Bde.). Die von ihm 1835 errichtete Belgische Bank, als deren Direktor er fungierte, mußte 1839 ihre Zahlungen einstellen. Seit 1848 war er Bürgermeister von Brüssel, zu dessen Aufschwung er wirksam beitrng, sowie von neuem Führer der Liberalen in der Kammer. Vgl. Juste, Charles de B. (Brüss. 1867).

2) Henri de, belg. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. 1801 in Brügge, gest. 1891, seit 1820 Advokat, später Staatsanwalt zu Roermonde, nach der Revolution von 1830 Rat am Brüsseler Appellhof, gehörte 1831 zu der Abordnung des Nationalkongresses, die Leopold I. die Krone antrug. 1840–44 Gouverneur der Provinz Antwerpen, ward er 1847 Staatsminister ohne Portefeuille, 1849 mit mehreren diplomatischen Sendungen nach Italien betraut. 1852 bis 1855 Chef eines gemäßigt-liberalen Kabinetts sowie Minister des Auswärtigen, befolgte er Napoleon III. gegenüber eine sehr geschickte Taktik. Als Mitglied der Kammer (1833–70) war er eine Hauptstütze der liberaldoktrinären Partei.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 464.
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