Liberāl

[505] Liberāl (lat.), eigentlich freigebig, gütig (Gegensatz: illiberal); dann soviel wie freisinnig, nach Freiheit stehend; Liberalismus, Bezeichnung der dem Fortschritt huldigenden Parteirichtung. Den Gegensatz zur liberalen bildet die konservative Partei, die das Bestehende möglichst erhalten will. Die Partei, die zwischen beiden eine vermittelnde Stellung einnimmt, wird die liberal-konservative (freikonservative) genannt. Das Extrem des Liberalismus ist der Radikalismus, die Umsturzpartei (s. Sozialdemokratie). Als politischer Parteiname ist der Ausdruck Liberale, der zuerst in Spanien (im Gegensatz zu »Servile«) in Gebrauch kam, in Deutschland namentlich seit den Befreiungskriegen üblich geworden; auch wird er auf die Anhänger freisinniger Ideen auf dem religiösen und auf dem wissenschaftlichen Gebiet angewendet. Aus der liberalen ging die demokratische Partei von 1848 hervor. Im Gegensatz zu dieser wurde die gemäßigte liberale Partei, namentlich die Vinckesche Fraktion im preußischen Abgeordnetenhaus, die altliberale genannt; von dieser wieder löste sich 1861 die Fortschrittspartei (s. d.) los. Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes vollzog sich weiter die Trennung der nationalliberalen Partei von der Fortschrittspartei, indem die erstere als nächstes Ziel die nationale Einigung Deutschlands in ihr Programm aufnahm (s. Nationalliberale Partei). Durch den Austritt (Sezession) verschiedener Mitglieder der nationalliberalen Fraktion des Reichstags und des preußischen Abgeordnetenhauses entstand 1880 eine liberale Vereinigung, die 1884 mit der Fortschrittspartei zur Deutschen freisinnigen Partei (s. d., Bd. 4, S. 690) verschmolzen ward; diese spaltete sich jedoch 1894 wieder in zwei Teile: die freisinnige Vereinigung und die freisinnige Volkspartei. Dazu kommt in Süddeutschland die demokratische Volkspartei. Einen Zusammenschluß der liberalen Parteien herbeizuführen, ist einer von den Punkten des Programms des am 21. Okt. 1901 begründeten »Vereins der nationalliberalen Jugend« (s. Nationalliberale Partei). Vgl. Rudel, Geschichte des Liberalismus und der deutschen Reichsverfassung (Guben 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 505.
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