Coeur

[211] Coeur (spr. kǟr), Jacques, franz. Kaufmann, geb. um 1400 als Sohn eines Pelzhändlers in Bourges, gest. 1456, gewann durch Handel in der Levante ein großes Vermögen und unterstützte 1439 den König Karl VII. reichlich für den Krieg gegen England und die Ausstellung eines stehenden Heeres. 1440 adelte ihn der König, schickte ihn als Gesandten nach Rom und Genua und erhob ihn zum Finanzminister. Durch[211] den Handel mit Ägypten und Syrien, aber auch durch skrupellose Finanzoperationen immer reicher geworden, zählte C. bald die Mächtigsten des Hofes unter seinen Schuldnern. Diese stürzten ihn aus Neid und Habgier. Wegen Münzfälschung, Vergiftung der Agnes Sorel und Hochverrats angeklagt, ward er 31. Juli 1451 gefangen gesetzt, seiner Güter im Wert von einer Million Goldtaler (etwa 200 Mill. Mark nach heutigem Geldwert) beraubt und zur immerwährenden Verbannung aus Frankreich verurteilt (1455). Er floh über Italien nach der Insel Chios, wo er starb. Seine Kinder erhielten einen Teil ihrer Güter zurück, und das verdammende Urteil wurde unter Ludwig XI. 1463 kassiert. Coeurs prächtiges, im gotischen Stil erbautes Haus (Gurlitt nennt C. den Medici Frankreichs) in Bourges ist noch erhalten. Vgl. Trouvé, Jacques C. (Par. 1840); Clément, Jacques C. et Charles VII (4. Aufl., das. 1874, 2 Bde.); Deslys, Jacques C., récit historique (das. 1888); Guirand, Recherches et conclusions nouvelles sur le prétendu rôle de Jacques C. (das. 1900); Favre, Politique et diplomatie de Jacques C. (in der »Revue diplomatique«, 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 211-212.
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