Echtheit von Urkunden

[352] Echtheit von Urkunden ist deren Eigenschaft, nach der sie von ihrem angeblichen Aussteller auch wirklich herrühren. Die Echtheit einer Urkunde ist die erste Voraussetzung für ihre Verwertbarkeit als Beweismittel. Sie muß daher nötigenfalls selbst erst bewiesen werden. Dabei ist einerseits zwischen Zivil- und Strafprozeß, anderseits zwischen öffentlichen und Privaturkunden (s. Urkunde und Urkundenbeweis) zu unterscheiden. Im Zivilprozeß haben öffentliche Urkunden, d.h. solche, die sich nach Form und Inhalt als von einer öffentlichen Behörde oder Urkundsperson errichtet darstellen (nach § 437 der deutschen Zivilprozeßordnung), die Vermutung der Echtheit für sich; bei Privaturkunden ist dies dann der Fall, wenn die Echtheit der Namensunterschrift feststeht oder das unter einer Urkunde befindliche Handzeichen gerichtlich oder notariell beglaubigt ist. Dann liegt dem Gegner des Beweisführens der Beweis der Unechtheit oder der Fälschung ob. Bei Privaturkunden wird die Echtheit durch das Anerkenntnis des Gegners festgestellt, der sich darüber zu erklären hat. Gibt er keine Erklärung ab, so gilt die Urkunde als echt. Die Echtheit einer nicht anerkannten Privaturkunde ist, soweit nicht die erwähnte gesetzliche Vermutung durchgreift, zu beweisen. Der Beweis (wie der Gegenbeweis) darf durch alle gesetzlich zulässigen Beweismittel (z. B. durch Eideszuschiebung) geführt werden, besonders auch durch Schriftvergleichung (s. d.). Der Diffessionseid wurde durch die Zivilprozeßordnung beseitigt (s. Diffession). Im Strafprozeß wird stets der Beweis der Echtheit verlangt. Diesen kann sich der Richter bei öffentlichen Urkunden schon durch Augenschein verschaffen, da diese die Zeichen ihrer Echtheit: die Form, das Siegel etc., meist schon äußerlich an sich tragen. Im übrigen sind alle sonst im Strafprozeß üblichen Beweismittel (also keine Eideszuschiebung), insbes. die Schriftvergleichung zum Beweis der Echtheit zulässig (vgl. Strafprozeßordnung, § 93).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 352.
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