Enterbung

[834] Enterbung, Erklärung des Erblassers durch letztwillige Verfügung, den Noterben (s. d.) von jedem Anteil an der Erbschaft auszuschließen. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt den Ausdruck E. nicht, spricht vielmehr von Ausschließung eines gesetzlichen Erben von der Erbfolge durch Testament des Erblassers (§ 1938, 2081) oder von Entziehung des Pflichtteils gegenüber einem nach dem Gesetz an sich Pflichtteilberechtigten (§ 2303 ff. u. 2333 ff.). Je nachdem es sich um die E. eines Abkömmlings der Eltern oder Ehegatten handelt, sind die Enterbungsgründe verschieden. Einem Abkömmling kann der Pflichtteil entzogen, er kann aus fünf Gründen enterbt werden: 1) wenn er dem Erblasser, dessen Ehegatten oder einem Abkömmling von ihm nach dem Leben getrachtet, 2) wenn er sich gegen die ersten beiden einer vorsätzlichen körperlichen Mißhandlung schuldig gemacht, 3) wenn er sich gegen diese eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht, 4) wenn er dem Erblasser gegenüber seine Unterhaltungspflicht[834] böswillig verletzt, 5) wenn er einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel geführt hat. Den Eltern kann der Pflichtteil aus den unter 1,3 und 4 angegebenen Gründen entzogen werden. Der Ehegatte kann aus den gleichen Gründen enterbt werden, aus denen eine Scheidungsklage zulässig ist (§ 2335; vgl. Eherecht). Ein besonderer Fall der E. ist die E. in guter Absicht (exheredatur bona mente). Die gute Absicht muß in der Fürsorge für den Abkömmling und dessen Familie liegen und kann zur Geltung gebracht werden, indem dem Abkömmling seine gesetzlichen Erben als Nacherben (s. d.), bez. Nachvermächtnisnehmer (s. d. [§ 2338, Abs. 1, S. 1]) eingesetzt oder indem für Lebzeiten des Abkömmlings die Verwaltung der Erbschaft einem Testamentsvollstrecker übertragen und dem Abkömmling nur der Anspruch auf den jährlichen Reinertrag derselben eingeräumt wird. Es handelt sich also in solchen Fällen eigentlich nicht um eine E., sondern nur um eine Beschränkung des Abkömmlings in der Benutzung des Erbteils. Voraussetzung der E. in guter. Absicht ist, daß der Abkömmling in solchem Maße sich der Verschwendung hingegeben hat oder in solchem Maße überschuldet ist, daß sein späterer Erwerb in erheblichem Maße gefährdet ist. Vgl. Strohal, Das Pflichtteilsrecht der entferntern Abkömmlinge und der Eltern des Erblassers etc. (Leipz. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 834-835.
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