Entführung

[835] Entführung (Crimen raptus) ist das Verbrechen, dessen sich derjenige schuldig macht, der sich einer Frauensperson entweder wider deren Willen oder doch ohne Einwilligung derjenigen Personen, von denen sie familienrechtlich abhängig ist, durch Hinwegführung zum Zweck der Ehelichung oder der Unzucht bemächtigt. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch sieht in der E. einen Eingriff in die persönliche Freiheit. Nach ihm (§ 236–238) wird die E. nur auf besondern Antrag strafrechtlich verfolgt und, wenn der Entführer die Entführte geheiratet but, überdies nur dann, wenn die Ehe für nichtig erklärt worden ist. Im übrigen[835] straft das Reichsstrafgesetzbuch denjenigen, der eine Frauensperson wider ihren Willen durch List, Drohung oder Gewalt entführt, um sie zur Unzucht zu bringen, mit Zuchthaus von 1–10 Jahren und, wenn die E. begangen wurde, um die Entführte zur Ehe zu bringen, mit Gefängnis bis zu 5 Jahren. Weiter wird aber auch derjenige, der eine minderjährige unverehelichte Frauensperson, einerlei ob Mädchen, Braut oder Witwe, mit ihrem Willen, jedoch ohne Einwilligung ihrer Eltern oder ihres Vormundes, entführt, um sie zur Unzucht oder zur Ehe zu bringen, ebenfalls mit Gefängnis von einem Tag bis zu 5 Jahren bedroht. Die Entführte selbst bleibt stets straflos, auch wenn sie mit tätig gewesen ist. Die E. einer einwilligenden Ehefrau ist straflos, gegebenen Falles aber können die strafrechtlichen Bestimmungen über Ehebruch (s. d.) in Anwendung kommen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 835-836.
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