Ernährungsstörungen

[61] Ernährungsstörungen können den ganzen Organismus oder einzelne Organe, bez. umschriebene Gewebsteile betreffen. Man kann regressive E. mit Verkleinerung der Organe, Schwund, Entartung oder Zerfall der Gewebsbestandteile und Verringerung der Leistungsfähigkeit derselben und hypertrophierende E. mit Massenzunahme, Vermehrung und Vergrößerung der einzelnen Gewebsbestandteile unterscheiden. Regressive E. können auch bestimmte Gewebsbestandteile (z. B. das Parenchym, d. h. die eigentlichen Drüsenzellen einer Drüse) befallen, während andre Bestandteile (z. B. das Stütz- oder Bindegewebe) eine Wucherung zeigen. Regressive E. des ganzen Körpers können bestehen beim Hunger und bei abzehrenden Krankheiten, wie Schwindsucht, Zuckerharnruhr, im Greisenalter, bei Krebskachexie etc. Einzelne Organe unterliegen dem Gewebsschwund bei gewissen chronischen Entzündungen (Leber, Niere), bei dauerndem Nichtgebrauch (Muskeln steifer Glieder); oft geht dieser Schwund mit (fettiger, amyloider, bindegewebiger) Entartung (s.d.) einher. Besonders auffallende E. treten dann ein, wenn die das Blut zuführenden Schlagadern durch Verengerung (Arteriosklerose, Krampf) unwegsam werden, dann unterliegen die zugehörigen Gewebe dem Zerfall, der Aufsaugung oder dem Brand. Beispiele hierfür sind die Raynaudsche Krankheit, die Kriebelkrankheit bei Vergiftung mit Mutterkorn. Selten sind E. durch nervöse Störungen (Trophoneurosen), die darauf beruhen, daß gewisse, die Ernährung regulierende Nerveneinflüsse wegfallen (z. B. beim Malum perforans pedis, beim Aufliegen infolge Rückenmarkserkrankungen, bei der Gürtelrose). Hypertrophische E. kommen oft durch chronische Reize und Entzündungen zustande (s. Hypertrophie), die krankhafte Überernährung des ganzen Organismus äußert sich in der Fettsucht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 61.
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