Fegfeuer

[378] Fegfeuer (Reinigungsfeuer, lat. Ignis purgatorius, Purgatorium), nach der römisch-katholischen Kirchenlehre ein Zwischenort, nach der gewöhnlichen Vorstellung im Innern der Erde, bei Dante auf der jenseitigen Erdhälfte gelegen, wo nach dem Tode die von Erlaßsünden noch nicht ganz gereinigten Gläubigen nachholen müssen, was sie auf Erden an Büßungen und Genugtuungen versäumten, um schließlich in den Himmel aufzusteigen. Die Vorstellung selbst ist altparsisch, findet sich aber auch im Orphismus (s. Orpheus) und Platonismus und wurde von den alexandrinischen Kirchenlehrern Clemens und Origenes in den Kreis der christlichen Eschatologie (s.d.) hereingezogen. Aber erst Augustin hat die Lehre von einem sinnlich peinigenden F. vorgetragen und mit 1. Kor. 3,15 zu begründen gesucht. Die Beziehung auf das Meßopfer hat Gregor d. Gr. nachgetragen, und seither ist das F. ein die abendländische Kirche charakterisierender, auf dem Konzil von Florenz zum Dogma erhobener Glaubensartikel geblieben Wer mit Todsünden belastet stirbt, geht in die Hölle, wogegen läßliche Sünden, wie Schwatzhaftigkeit, Lachsucht, schlechte Haushaltung etc., im F. abgebüßt werden. Nach Analogie antiker Totenopfer (2. Makk. 12,40f.) reichen Einwirkungen der heilsmittlerischen Kirche aus dem Diesseits durch Fürbitten, gute Werke, sonderlich aber durch das Meßopfer in das F. hinein. Die Kirche kann den im F. Leidenden also zu Hilfe kommen, welcher Gedanke dem Allerseelenfest zugrunde liegt. Die griechische Kirche hat die Vorstellung vom F. abgelehnt, nicht weil sich eine fürbittende Tätigkeit der Kirche für die Verstorbenen daran knüpfte, was vielmehr gutgeheißen wird, sondern weil sie reinigende Büßungen und Leistungen der Seelen auf das Jenseits überträgt, während der Zeitraum werktätiger Besserung mit diesem Leben abschließt. Die Reformatoren verwarfen die Lehre schon um ihres Zusammenhanges mit den Lehren von der Messe, dem Ablaß und der Verdienstlichkeit guter Werke willen. Vgl. Anrich, Clemens und Origenes als Begründer der Lehre vom F. (Tübing. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 378.
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