Fortunatus

[797] Fortunatus, Titel eines deutschen Volksbuches aus dem Anfang des 16. Jahrh., das wahrscheinlich nach einem fremden Original, jedenfalls aber mit Benutzung verens vorhandener Motive der Erzählungsliteratur von einem unbekannten Verfasser bearbeitet ist und eine in Cypern, England und Flandern spielende Geschichte behandelt. F. gelangt in den Besitz eines Geldbeutels, der niemals leer wird, und eines »Wünschhütleins«, mit dessen Hilfe er sich in jedem Augenblick an jeden beliebigen Ort versetzen kann. Seine Söhne, denen er diese Gegenstände vermacht, geraten dadurch in Unglück. Der älteste bekannte Druck ist der von Augsburg 1509. Dramatisiert wurde der Stoff zuerst von Hans Sachs (1553), nachher von dem Engländer Thomas Dekker in »The pleasant comedie of old Fortunato« (Lond. 1600; deutsch von Schmidt: »F. und seine Söhne«, Berl. 1819); im 17. Jahrh. brachten die englischen Komödianten das Drama Dekkers nach Deutschland herüber, wo es sich bis in unser Jahrhundert auf dem Puppentheater erhielt. Eine freie dichterische Bearbeitung des Stoffes lieferte Tieck im »Phantasus« (Bd. 3) und Chamisso in seinem Jugendwerk »Fortunati Glücksäckel und Wunschhütlein« (hrsg. von Koßmann, Stuttg. 1895); einen Teil desselben behandelte auch Uhland in achtzeiligen Stanzen. Vgl. den Artikel »F.« von Zacher in der Enzyklopädie von Ersch und Gruber; Harms, Die deutschen Fortunatusdramen (Hamb. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 797.
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