Gerechtigkeit Gottes

[630] Gerechtigkeit Gottes (lat. Justitia Dei), eine der sogen. sittlichen und geistigen Eigenschaften Gottes, umfaßt nach den ältern Theologen sowohl die im Gewissen sich ankündigende, im Gesetz geoffenbarte sittliche Lebensordnung (justitia Dei legislatoria) als auch die Handhabung dieses Sittengesetzes (justitia Dei executiva), die entweder eine belohnende (remuneratoria) oder eine strafende (punitiva) ist. Insofern nun die göttliche Liebe das höchste Gut allen zuteil werden lassen will, die göttliche Gerechtigkeit aber dem Sünder das Gegenteil davon zuwenden muß, erscheinen beide Attribute Gottes in einem Zwiespalt, der sich nach der Kirchenlehre in der Tat der Versöhnung (s.d.) löst. Sofern der alttestamentliche Begriff der G. in einer andern Richtung geht und sich mit den Begriffen der Güte und Treue, Gnade und Barmherzigkeit berührt, versteht neuerdings die Theologie Ritschls unter G. das folgerechte Verfahren Gottes, der den zum Heil bestimmten Menschen trotz der Sünde der Vollendung entgegenführen will.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 630.
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