Golther

[116] Golther, 1) Ludwig von, württemb. Minister, geb. 11. Jan. 1823 in Ulm, gest. 17. Sept. 1876 in Stuttgart, studierte die Rechte, trat in den Staatsjustizdienst, ging aber 1851 als Regierungsrat bei der Ablösungskommission in das Departement des Innern über, ward 1856 Assessor bei der Oberregierung, 1858 Oberregierungsrat, 1861 unter Ernennung[116] zum Staatsrat mit der Leitung des Departements des Kirchen- und Schulwesens betraut und im September 1864 zum Kultusminister ernannt. Er regelte das Verhältnis der katholischen Kirche zum Staate durch das Gesetz vom 30. Jan. 1862 (vgl. sein Werk »Der Staat und die katholische Kirche im Königreich Württemberg«, Stuttg. 1874) und förderte besonders das Unterrichtswesen durch Verbesserung der ökonomischen Lage und der amtlichen Stellung der Volksschullehrer, Durchführung des Fortbildungs-, des Zeichen- und Turnunterrichts in Stadt und Land, die Errichtung des Realgymnasiums in Stuttgart, die Organisation des Polytechnikums als akademischer Anstalt sowie die Bildung der naturwissenschaftlichen Fakultät in Tübingen. Seit 1867 auch Präsident des Geheimen Rats, ward er 1870 als eifriger Großdeutscher auf seine Bitte dieser Funktionen enthoben und zum Präsidenten des evangelischen Konsistoriums ernannt. Aus seinem Nachlaß erschien die Studie »Der moderne Pessimismus« (Leipz. 1878).

2) Wolfgang, Germanist, Sohn des vorigen, geb. 25. Mai 1863 in Stuttgart, besuchte das Gymnasium daselbst und studierte auf der Universität in München, wo er sich 1888 als Privatdozent für deutsche Philologie habilitierte; 1895 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor nach Rostock. Er schrieb. »Das Rolandslied des Pfaffen Konrad« (Münch. 1887); »Die Sage von Tristan und Isolde« (das. 1887); »Studien zur germanischen Sagengeschichte« (das. 1888); »Geschichte der altdeutschen Literatur« (Bd. 182 von Kürschners »Deutsche National-Literatur«, Stuttg. 1892); »Handbuch der germanischen Mythologie« (Leipz. 1895). Von früh an ein kenntnisreicher Bewunderer der Kunst Richard Wagners, machte er sich um deren Verständnis außer durch rege Mitarbeiterschaft an den »Bayreuther Blättern« durch mehrere Schriften verdient; hierher gehören: »Die sagengeschichtlichen Grundlagen der Ringdichtung Richard Wagners« (Berl. 1902); »Richard Wagner an Mathilde Wesendonk. Tagebuchblätter und Briefe« (das. 1904); »Bayreuth« (das. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 116-117.
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