Gyulai

[570] Gyulai (spr. djūlai), 1) Franz, Graf von, österr. Feldzeugmeister, geb. 1. Sept. 1798 in Pest, gest. 21. Sept. 1868, trat früh in den österreichischen Militärdienst, war 1848 bereits Feldmarschalleutnant und wurde zum Gouverneur des Küstenlandes ernannt, das er tapfer gegen die italienische Flotte verteidigte. Vom Juni 1849 bis Juli 1850 Leiter des Kriegsministeriums, ging G. sodann als Befehlshaber des fünften Heerkörpers nach Mailand, wurde zum Feldzeugmeister ernannt und mehrfach mit diplomatischen Aufträgen an die italienischen Höfe und nach Petersburg betraut. Beim Ausbruch des sardinisch-österreichischen Krieges Anfang 1859 zum Oberbefehlshaber der österreichischen Truppen in Italien und zum Generalstatthalter der Lombardei ernannt, bewährte sich G. keineswegs und wurde nach der Schlacht bei Magenta (4. Juni) des Oberbefehls enthoben und später als Feldzeugmeister in Ruhestand versetzt. Sein Name ging auf den von ihm adoptierten Neffen, den General v. Edelsheim (s. d. 2), über. – Mit dem Feldmarschall Grafen Samuel G., dem jüngern Bruder des vorigen, der am 23. Aug. 1886,83 Jahre alt, in Gries bei Bozen starb, erlosch das alte siebenbürgische Geschlecht.

2) Paul, ungar. Dichter und Kritiker, geb. 1826 in Klausenburg, wo er auch seine Studien erledigte, lehrte später am Gymnasium daselbst, war dann als Journalist in Pest tätig, bis er 1875 die Professur der ungarischen Literaturgeschichte an der Universität in Budapest erhielt. Seit 1858 ist er Mitglied der ungarischen Akademie, seit 1870 Sekretär von deren ersten (sprach- und schönwissenschaftlichen) Klasse; 1881–99 war er Präsident der Kisfaludy-Gesellschaft. Gyulais literarhistorische und kritische Werke sind: »Das Leben Vörösmartys« (2. Aufl., Budap. 1879); »Denkreden« (das. 1879) und »Johann Katona und seine Tragödie Bánkbán« (2. Aufl., das. 1883); außerdem zahlreiche Kritiken und Studien in der von ihm redigierten »Budapester Revue« und andern Zeitschriften. Als Dichter trat er hervor mit Novellen: »Vázlatok és képek« (»Skizzen und Bilder«, Pest 1867, 2 Bde.; z. T. deutsch in Reclams Universal-Bibliothek u. a. O.), die sich durch seine Charakteristik und lebendige Darstellung auszeichnen, und einer Sammlung formvollendeter »Gedichte« (neueste Ausg. 1895). Seit Jahren arbeitet er an einem satirischen Zeitgedicht im Genre Byrons, »Romhányi« betitelt, von dem bisher vier Gesänge erschienen sind. G. hat die Werke von Vörösmarty und Madach sowie mit L. Arany eine Sammlung ungarischer Volksdichtungen herausgegeben; er redigiert die ungarische Monatsschrift »Budapesti Szemle«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 570.
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