Hafis

[606] Hafis, Schems ud Dîn Mohammed, genannt Lisân ul GheibStimme von der andern Welt«), wegen der Lieblichkeit seiner Dichtungen auch Schekerleb (»Zuckerlippe«), der größte Lyriker Persiens und einer der namhaftesten Lyriker aller Zeiten, geb. zu Anfang des 14. Jahrh. in Schiraz, gest. daselbst 1389, widmete sich dem Studium der Theologie und Rechtskunde, die er auch lehrte, und schloß sich in seiner Vaterstadt, die er nur vorübergehend verlassen hat, einer Gemeinschaft von Sufis (Mystikern) an. Ein gründlicher Kenner des Korans (daher der Beiname H. [vgl. den vorhergehenden Artikel]), gab er darin Unterricht am Hofe der Mosafferiden. Er gab dem persischen Ghazel die höchste Vollendung. Seine Gedichte[606] bekunden die freieste, rein menschliche Weltanschauung und sind zugleich geistreich in Ausdruck und Form. Erst nach seinem Tode wurde von seinem Freunde Mohammed Gulandâm sein »Diwan« gesammelt, der oft im Orient, z. T. mit persischen oder türkischen Kommentaren, gedruckt worden ist. Die Ausgaben von Bulak (1834, 3 Bde.) und von Konstantinopel 1870 enthalten die wertvollen türkischen Scholien des Sudi (gest. 1597), die z. T. in die vorzügliche Ausgabe von Brockhaus (Leipz. 1854–60, 3 Bde.) aufgenommen sind. Eine gute Ausgabe (mit geschmackvoller metrischer Übertragung) lieferte auch Vinz. v. Rosenzweig (Wien 1858–64, 3 Bde.). Eine geschmacklose deutsche Übersetzung des »Diwans« veröffentlichte v. Hammer (Stuttg. u. Tübing. 1812–1813, 2 Bde.), eine bessere Übertragung ausgewählter Gedichte Nesselmann (Berl. 1865) und F. Bodenstedt (das. 1877). Wertvoll ist die englische Prosaübersetzung mit Kommentar von Clarke (Kalkutta 1891, 2 Bde.). Goethe feiert den Dichter im »Westöstlichen Diwan«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 606-607.
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