Halbflügler

[644] Halbflügler (Schnabelkerfe, Hemiptēren, Hemiptĕra, Rhynchota; hierzu Tafel »Halbflügler«), Ordnung der Insekten, Kerbtiere mit stechenden Mundwerkzeugen, meist vier Flügeln und unvollkommener Metamorphose. Der Saugapparat (sogen. Schnabel oder Rostrum) der von flüssiger Nahrung lebenden Tiere besteht aus einem langen, drei- oder viergliederigen Rohr (der Unterlippe), das an der Basis oben von der kurzen Oberlippe bedeckt wird, und den vier Kiefern, die zu Stechborsten umgewandelt sind und in dem Rohr vor- und rückwärts geschoben werden können. Der Prothorax ist frei beweglich. Die Flügel fehlen bisweilen ganz, selten sind zwei, meist vier vorhanden, und dann sind die vordern entweder halb hornig und an der Spitze häutig (Hemiptera im engern Sinn) oder den hintern gleich gebildet und ganz häutig (Homoptera). Die Beine sind meist Gangbeine. Die Augen bleiben klein und sind meist mit Facetten versehen, selten Punktaugen mit einfacher Hornhaut; häufig finden sich zwei Ozellen zwischen den Facettenaugen. Die Bauchkette des Nervensystems ist meist zu einer großen Nervenmasse in der Brust zusammengezogen. Die Zahl der Nierenschläuche (Malpighischen Gefäße) ist gewöhnlich vier. Die H. können meist nicht besonders gut fliegen. Viele verbreiten einen widerlichen Geruch, der von dem Sekret der in der Brust oder im Hinterleib gelegenen Stinkdrüsen herrührt. Andre sondern durch zahlreiche Hautdrüsen einen weißen Wachsflaum auf der Oberfläche ihres Körpers ab. Viele werden bei massenhaftem Auftreten jungen Pflanzen verderblich und erzeugen z. T. gallenartige Auswüchse, andre leben als Parasiten an Tieren. Schon die jungen Larven sind dem ausgebildeten Tiere sehr ähnlich, nach der ersten Häutung zeigen sie bereits Flügel. Die Verwandlung ist in einigen Monaten, bisweilen (Blattläuse) in viel kürzerer Zeit vollendet; nur die Zikaden bedürfen hierzu mehrerer Jahre. Die Larven der männlichen Schildläuse verwandeln sich in eine ruhende Puppe. Man kennt etwa 12,000 Arten dieser über alle Erdteile verbreiteten Ordnung und bringt sie in vier großen Gruppen unter: I. Homopteren (Homoptera) oder Zikaden (s. d. und Laternenträger, Fig. 9–11 und 12). Beide Flügelpaare gleich, in der Ruhe schräg gerichtet. II. Heteropteren (Heteroptera) oder Wanzen (s. d., Fig. 1–8). Flügelpaare ungleich, in der Ruhe horizontal. III. Pflanzenläuse (Phytophthires). Schmarotzer auf Pflanzen. Hierher die Schildläuse (s. d., Coccidae, hierher unter andern die Kochenille, Fig. 13), Blattläuse (s. d., Aphidae, z. B. Tannenlaus, Fig. 14), Blattflöhe (s. d., Psyllidae, mit dem Birnenblattfloh, Fig. 15). IV. Tierläuse (Zoophthires), Schmarotzer auf Tieren. Hierher die Läuse (s. d., Pediculidae, wie Filzlaus und Kopflaus, Fig. 17 u. 18) und die Pelzfresser (s. d., Mallophaga, z. B. Pfauenfederling, Fig. 16); letztere werden neuerdings auch wohl mit den Holzläusen und Termiten zur Ordnung der Corrodentia zusammengefaßt. Vgl. Fieber, Die europäischen Hemiptera (Wien 1860); Fabricius, Systema Rhynchotorum (Braunschw. 1805); Amyot und Serville, Histoire naturelle des insectes: Hémiptères (Par. 1843); Hahn, Die wanzenartigen Insekten, abgebildet und beschrieben (fortgesetzt von Herrich-Schäffer, Nürnb. 1831–53, 9 Bde.); Saunders, Hemiptera heteroptera of the British islands (Lond. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 644.
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