Hofprädikat

[435] Hofprädikat, ein mit dem Worte »Hof« zusammengesetzter Titel, z. B. Hofmundschenk, Hofmedikus. Gewöhnlich ist derselbe mit einem Hofamt verbunden, z. B. Hofkämmerer, Hofmarschall etc. Eine rein persönliche Auszeichnung, die nur physischen, nicht auch juristischen Personen, Aktiengesellschaften, verliehen wird und jederzeit widerruflich ist, ist die Verleihung des Hoftitels, d. h. die Berechtigung, sich entweder Hoflieferant zu nennen oder seiner Geschäftsbezeichnung das Wort »Hof« vorsetzen zu dürfen, z. B. »königlich bayrischer Hoflieferant« oder »königlich bayrischer Hofbuchhändler«. Bei den Hoftiteln, die der Kaiser verleiht, besteht die besondere Vorschrift, daß nicht etwa die Bezeichnung »kaiserlicher Hoflieferant«, sondern einzig »Hoflieferant Seiner Majestät des Kaisers«, bez. »Kaisers und Königs« gestattet ist. Die Voraussetzungen für die Verleihung des Hoftitels sind in den einzelnen Bundesstaaten ziemlich gleich. Falls nicht die Verleihung bei besonderer Veranlassung, wie am Geburtstag des Landesherrn, beim Jahreswechsel etc., erfolgt, ist ein diesbezügliches Gesuch unter Darlegung der persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse an zuständiger Stelle einzureichen. In Preußen ist dies das Oberstkämmereramt, in Bayern der Obersthofmeisterstab, in Württemberg das Hofmarschallamt, in Sachsen das Ministerium des königlichen Hauses. Voraussetzung der Verleihung sind in allen Bundesstaaten tadellose Leumunds-, Vermögens-, Kredit- und Familienverhältnisse, vielfach wird auch verlangt, daß der Bewerber längere Zeit zur vollen Zufriedenheit für den betreffenden Hof gearbeitet hat. Die Verleihung erfolgt durch ein besonderes Verleihungspatent, das dem Berechtigten ausgehändigt wird. An sich kann jemand den Hoftitel verschiedener Höfe haben, meistens ist aber zur Führung eines fremden Hoftitels die Erlaubnis einzuholen, wie auch an Angehörige eines andern Staates meist erst dann der Hoftitel des Landes verliehen wird, in dem sie wohnen, wenn sie den Hoftitel ihres eignen Landesherrn nachweisen. Eine eigenmächtige Abänderung des Wortlautes des verliehenen Hoftitels ist nicht gestattet, es darf sich also z. B. ein »Hofschuster« nicht »Hoflieferant Seiner Majestät etc.« nennen und umgekehrt. Da die Verleihung eine höchst persönliche ist, erlischt der Hoftitel gewöhnlich mit dem Tode des Berechtigten, bez. mit der Aufgabe des Geschäfts, Änderung des Geschäftszweiges, Aufgabe oder Änderung der Firma, Ausscheiden des Beliehenen aus der Firma, Verlegung des Geschäfts an einen andern Ort etc. Widerrufen kann der Hoftitel jederzeit werden, falls die Voraussetzungen seiner Verleihung in Wegfall gekommen ist, der Berechtigte in Konkurs gerät, seine Zahlungen einstellt, die Zwangsvollstreckung in sein unbewegliches Vermögen verfügt wurde, oder sonst hierzu Anlaß gegeben wird, es sei denn, daß in dem Verleihungspatent ein andres bestimmt oder eine Weiterführung des Hoftitels gestattet wird. Ansprüche auf Übertragung von Arbeiten und Lieferungen für den betreffen den Hof werden durch Verleihung des Hoftitels nicht begründet, dagegen ist der Beliehene berechtigt, das Wappen des betreffenden Hofes in der Firma, auf seinen Geschäftsschildern, Etiketten, Anzeigen, Rechnungen etc. zu führen. Auf Visitenkarten, Siegeln, Briefumschlägen, Verschlußmarken ist die Führung des Wappens gewöhnlich, z. B. in Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen, untersagt. Meistens wird für die auf Ersuchen erfolgte Verleihung des Hoftitels eine Gebühr von 200–300 Mk. verlangt, bei ausländischen kleinen Staaten ist sie allerdings manchmal erheblich höher. Auf Ersuchen übersenden die oben erwähnten Stellen die »Bestimmungen über Erlangung und Führung der Hofprädikate«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 435.
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