Kündigung

[801] Kündigung (Aufkündigung), die einseitige, empfangsbedürftige Erklärung, ein auf Zeit eingegangenes Rechtsverhältnis auflösen zu wollen. Sie ist nur in gesetzlich oder vertragsmäßig bestimmten Fällen zulässig und muß dem andern Vertragsteile gegenüber abgegeben werden. Wird sie in dessen Abwesenheit abgegeben oder schriftlich zugestellt, so gilt sie als erfolgt von dem Augenblick, wo sie ihm zugegangen ist. Sie ist mangels besonderer Vereinbarung an keine Form gebunden, kann also mündlich und schriftlich, auch telegraphisch und telephonisch, sowie gegenüber dem zur Entgegennahme derartiger Erklärung ermächtigten Stellvertreter abgegeben werden Ein solcher Stellvertreter ist z. B. der Hausmeister oder die Person, die den Mietzins einkassiert. Unter außerordentlicher K. versteht man eine solche, die aus bestimmten Gründen vor Ablauf des betreffenden Rechtsverhältnisses und unter Nichteinhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist erfolgt, d. h. des Zeitraums, der zwischen K. und Endigung des betreffenden Rechtsverhältnisses liegen muß. Sie kommt bei den verschiedensten Rechtsverhältnissen, wie Dienstvertrag, Darlehen, Miete, Pacht etc., vor. – Im Börsenwesen bezeichnet K. eine wichtige Rechtshandlung, welche die Erfüllung des Vertrags vorbereitet. Bei Zeitgeschäften (s. Börse, S. 243) über Getreide, Öl, Spiritus etc. ist es nämlich Sitte, daß nicht ein für beide Teile bindender Stichtag festgesetzt wird, sondern daß der Lieferer während eines zweimonatigen Zeitraums das Recht hat, an jedem Börsentag zu liefern; die Erklärung desselben, an welchem Tage er zu liefern gedenke, heißt K. Sie erfolgt an der Börse mittels einer schriftlichen Urkunde, die Kündigungsschein heißt und vom Empfänger weiter giriert werden kann an solche Personen, denen gegenüber er Lieferer ist. In einer durch Ortsgebrauch bestimmten Zeit muß hierauf der Empfänger die gekündigte Ware abnehmen. Für die Kündigungen ist an vielen Börsen ein besonderer Raum (Kündigungssaal) reserviert, und es wird über dieselben ein Kündigungsregister geführt. Auch im Zeitgeschäft über Fonds ist eine K. denkbar, sowohl zugunsten des Lieferers als des Empfängers. Kündigungspreis ist die Summe, die der letzte Empfänger dem ersten Lieferer bei Übernahme der Ware vorläufig zu zahlen hat, vorbehaltlich der Auseinandersetzung. die zwischen je zwei aufeinander folgenden Interessenten des Kündigungsscheins über den kontraktlichen Lieferungspreis vorzunehmen ist. Der Kündigungspreis wird vom Börsenvorstand festgesetzt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 801.
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