Kormoran

[501] Kormoran (Scharbe, Phalacrocorax Briss.). Gattung der Schwimmvögel aus der Familie der Pelikane (Pelecanidae), sehr gestreckt gebaute Vögel mit kleinem Kopf, mittellangem, starkhakigem Schnabel, langem, schlankem, dünnem Hals, mäßig langen, spitzen Flügeln, mittellangem, abgerundetem Schwanz, sehr kurzem, kräftigem Lauf, langen Zehen mit Schwimmhäuten, ausdehnbarem Kehlsack und nackter Kehle. Von den 35 Arten der über die ganze Erde verbreiteten Gattung ist der gemeine K. (Wasser- oder Seerabe, Scholver, Haldenente, Eis-, Baumscharbe, P. Carbo L., s. Tafel »Schwimmvögel IV«, Fig. 3) 92 cm lang, 150 cm breit, auf Oberkopf, Hals, Brust, Bauch und Unterrücken glänzend schwarzgrün, metallisch schimmernd, auf dem Vorderrücken und den Flügeln bräunlich geschuppt, bronzeglänzend, Schwingen und Steuerfedern schwarz, an der Kehle und den Weichen weiß, mit schwarzem, an der Wurzel gelblichem Schnabel und nackter, gelber Kehl- und Gesichtshaut. Während der Zeit der Fortpflanzung entwickeln sich besonders beim männlichen K. sehr bald ausfallende, weiße, haarartige Federn am Kopf. Der K. findet sich in Europa bis zum mittlern Norwegen, in Mittelasien und im östlichen Nordamerika, ist in Süd- und Westdeutschland selten; er geht im September südlich bis Nordafrika, Westindien und Südasien und kehrt im April zurück. Er lebt an bewaldeten Flüssen und Seen, oft in unmittelbarer Nähe von Ortschaften, zahlreicher an schwer zugänglichen Küsten und auf felsigen Inseln, meist in großen Scharen, schwimmt und taucht sehr behende, bewegt sich auch auf Bäumen, auf denen er nachts ruht, recht gewandt, auf dem Boden aber ungeschickt watschelnd. Er nährt sich von Fischen, frißt aber auch Vögel und schadet im Binnenland durch ungeheure Gefräßigkeit. Er nistet auf Bäumen, aber auch in Felsenlöchern, vertreibt Krähen und Reiher aus deren Ansiedelungen und ist dann schwer wieder auszurotten. Im April oder Mai legt das Weibchen 3–4 bläulich grünweiße, schwach blau und gelb gefleckte Eier (s. Tafel »Eier II«, Fig. 21), die beide Eltern in vier Wochen ausbrüten. Im Juni brüten sie zum zweitenmal. In der Gefangenschaft halten sie gut aus und schreiten auch zur Fortpflanzung. Lappländer und Araber genießen das sehr fette Fleisch. Der chinesische K. (P. sinensis Lath.) wird seit undenklichen Zeiten in China zur Fischjagd benutzt. In Europa wurde die Fischjagd mit dem gemeinen K. durch die Holländer im Beginn des 17. Jahrh. eingeführt und in England und Frankreich viel geübt. In England erlosch der Sport mit dem Fall der Stuarts, in Frankreich hielt er sich bis zur Regierung Ludwigs XV. In Holland verschwand er nie ganz, und dort hat er sich auch jetzt wieder zuerst zu verbreiten begonnen. Die Jagd mit dem K. ist ein höchst interessanter Sport, dessen Ausübung nur wenig Schwierigkeiten darbietet. Ohne viel Mühe lassen sich die Vögel zur Jagd abrichten. Von den Felseninseln Schottlands und Norwegens nördlich über alle altweltlichen Küstenstrecken des Eismeeres verbreitet sich die Krähenscharbe (Hauben-, Schopf-, Seescharbe, Seekrähe, Kropftaucher, Sackente, P. graculus L.). und in Südosteuropa, Nordafrika und im mittlern Asien wohnt die Zwergscharbe (S. pygmaeus Pall.); erstere erscheint selten an der Nordseeküste, letztere auch in Schlesien und Schwaben. Der von Steller entdeckte schönfiederige Pallassche K., die größte Art der Gattung, wurde 1839 zum letztenmal auf den Beringinseln gesehen; es sind nur vier Exemplare in russischen Sammlungen und im Britischen Museum erhalten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 501.
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