Leichenbretter

[360] Leichenbretter, zum Gedächtnis des Toten am Grab oder am Todesort, an Wegen etc. aufgestellte, mit Inschriften und Malereien verzierte Bretter, worauf die Leiche vor dem Begräbnis gelegen hat. Schon im Niebelungenliede wird das Brett, auf das des erschlagenen Siegfried Körper nach der Waschung gelegt wurde, genannt, und noch jetzt ist in den Alpen die Bezeichnung Rêbrett (Rechbrett) üblich. In der Schweiz heißt das Brett Laden, in der bayrischen Oberpfalz Trudenbrett. Dieses früher über die nur in Tüchern gehüllte, ohne Sarg oder in Totenbäumen (ausgehöhlten Baumstämmen) bestattete Leiche gedeckte Brett wurde später zum Gedächtnis der Toten an den Wegen aufgestellt, und diese Sitte dauert noch heute in der Schweiz, in Tirol, Salzburg, Ober- und Niederbayern, in der Oberpfalz und in Böhmen fort, namentlich als Erinnerung an im Gebirge Verunglückte, und dann wird gewöhnlich die Todesart auf das Brett gemalt und in einigen Versen beschrieben. Man nennt diese besonders in Tirol häufigen L. Marterln. Im Züricherlande, wo die Leiche noch im 18. Jahrh. nur in ein Tuch gehüllt auf einem Brett oder Laden zu Grabe getragen wurde, wird noch heute der Laden, auf dem die Leiche aufgebahrt gewesen, beim Wohnhaus als Steg über den nächsten Wassergraben gelegt; diese Verwendung des Leichenbrettes findet sich bis in die Oberpfalz hinein. In St. Gallen richtet man dem Verstorbenen eine hölzerne Gedenktafel mit seinem Namen in Form eines Sargbrettes auf. Im Salzburgischen sind die L. häufig nicht mehr das ursprüngliche Ruhebett des Toten, sondern ein stellvertretendes Machwerk des Tischlers. Im Böhmerwald wird das Brett, nachdem der Tote darauf gelegen, zum Schreiner gebracht, der es mit grellen Farben bemalt, mit einem Schutzdach versieht und Inschriften und Heiligenbilder darauf anbringt. Im Bayrischen Wald und in Böhmen stehen die L. meist nicht einzeln, sondern in Gruppen, gewöhnlich um ein Kruzifix herum. Ähnlich auf dem Tummelplatz bei Schloß Ambras im Wald. In Oberfranken bewahrt man in jedem Haus ein Totenbrett, das schon bei Ahn und Urahn verwendet wurde, und auf dem die Leiche liegt, ehe sie in den Sarg gebettet wird. Vgl. Hörmann, Grabschriften und Marterlen (Leipz. 1889–1896, 3 Bdchen.), weitere Sammlungen von Dreselly (2. Aufl., Salzb. 1900), Greinz (Leipz. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 360.
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