Leihhaus

[370] Leihhaus (Pfandhaus), eine Anstalt, die Geld auf Pfänder leiht. Hierher gehören sowohl die Lombardbanken (s. d. unter »Banken«, S. 339) als auch die privaten Pfandleihanstalten (s. Pfandleihgeschäft); insbes. aber werden als Leihhäuser die von der öffentlichen Verwaltung (Staat, meistens von der Gemeinde) zu dem Zweck errichteten Anstalten bezeichnet, um wucherischer Ausbeutung kleiner Leute durch Pfandleiher vorzubeugen. Dieselben wurden deswegen auch Wohltätigkeitsanstalten, Montes pietatis (s. Montes), genannt. Das erste öffentliche L. wurde in Perugia 1462 durch den Franziskanermönch Barnaba gegründet, das erste deutsche entstand 1498 in Nürnberg. Solche öffentliche Anstalten beleihen die von eignen Sachverständigen abgeschätzten Pfänder bis zu 75 oder 80 Proz. der Schätzungssumme auf kurze Zeit, gewöhnlich bis zu 6 Monaten, gegen Abgabe eines Leihscheins (Pfandscheins). Dem Inhaber dieses Scheines wird das Pfand gegen Rückzahlung des Darlehns zurückgegeben. Wird das Pfand nicht bis zu der auf dem Schein benannten Frist eingelöst, so wird es öffentlich versteigert. Dabei erzielte Überschüsse werden dem Pfandschuldner zurückgegeben. Der Zins muß bei diesen Anstalten höher als der übliche bemessen werden, weil die Verwaltungskosten verhältnismäßig hoch sind (Aufbewahrung, Erhaltung der Pfänder etc.) und dazu noch zeitweilige Verluste durch Verderb, insbes. durch Mindererlös bei der Versteigerung, treten. Infolgedessen sind auch schon viele Gemeindeanstalten nach kurzem Bestand wieder eingegangen. Vgl. Artikel Leihhäuser im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd. 5 (2. Aufl., Jena 1900); Debrouwer, Des monts-depiétéen France, etc. (Angoulême 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 370.
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