Montes

[101] Montes (lat., Mehrzahl von mons, »Berg«), früher in Italien die Bezeichnung für Anstalten, in denen sich Geld ansammelte (Kapitalvereinigungen); insbes. nannte man so die Anstalten, die seit dem 13. Jahrh. zur Durchführung von öffentlichen Anleihen ins Leben gerufen wurden. Um das Zinsverbot zu umgehen, wurden die Gläubiger in Gesellschaften vereinigt, denen bestimmte Rechte verliehen und gewisse Einnahmequellen zugewiesen wurden, und die in einzelnen Fällen auch die Verwaltung solcher Einnahmequellen erhielten. Soz. B. bei der berühmten Casa di S. Giorgio in Genua, einer Gesellschaft von Kapitalisten mit großartiger Verwaltung. Die Anteile an diesen Kapitalansammlungen, die durch Umschreibungen in den Büchern der Gesellschaften übertragbar und unsern Aktien ähnlich waren, hießen Loca montium. Die Renten, die solche Anteile gewährten, waren meist dauernde, bisweilen auch nur bis zum Tode laufende Leibrenten (M. vacabiles). Einige dieser M., so die obenerwähnte Casa di S. Giorgio, haben auch Bankgeschäfte betrieben. Die M. pietatis (ital. monti di pietà, franz. monts-de-piété, »Berge der Frömmigkeit«) hatten im Gegensatz zu den M. profani den Zweck, mit Verzichtleistung auf Gewinn die wucherische Ausbeutung der Notlage zu verhüten. Das Kapital wurde durch milde Zuwendungen beschafft. Sie gaben Darlehen gegen Pfänder und eine Vergütung, die zwar nur dazu bestimmt war, die Kosten zu decken, aber infolge teurer Verwaltung doch oft einen hohen Zins darstellte. Die erste Anstalt wurde 1462 in Perugia von dem Franziskanermönch Barnaba gegründet; ihr folgte die mit päpstlicher Genehmigung in Orvieto 1463 oder 1464 errichtete Anstalt; erst 1515 wurde durch Leo X. diesen Anstalten das Recht verliehen, für ihre Darlehen Vergütungen anzunehmen, um sich für ihre Unkosten schadlos zu halten. Von Italien verbreiteten sie sich insbes. nach Frankreich, weniger nach Deutschland, wo, wie es scheint, das erste nach italienischem Muster eingerichtete Leihhaus erst 1591 in Augsburg errichtet wurde. Die Stelle der M. pietatis vertreten später die von Gemeinden unterhaltenen Pfand- und Leihhäuser (s. Leihhaus), die ebenfalls die Beschaffung von Darlehen in Notlagen erleichtern und wucherische Ausbeutung verhüten sollen, oft aber auch, besonders bei Gelegenheit von Volksfesten, dem Leichtsinn und der Verschwendung Vorschub leisten. Vgl. Blaize, Des monts-de-piété et des banques de prêts (2. Ausg., Par. 1856, 2 Bde.); Vanlaer, Les monts de-piétéen France (das. 1895); Holzapfel, Die Anfänge der M. pietatis, 1462–1518 (Münch. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 101.
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