Marder

[274] Marder (Mustela L.). Raubtiergattung aus der Familie der M. (Mustelidae), mittelgroße Tiere mit schlankem, langgestrecktem Körper, vorn verschmälertem Kopf, zugespitzter Schnauze, ziemlich kurzen, fast dreiseitigen Ohren, mittelgroßen Augen, niedrigen Beinen, fünfzehigen Füßen mit kurzen, scharfen, zurückziehbaren Krallen, mittellangem, gleichmäßig dickem Schwanz, langhaarigem, weichem Pelz und eine stinkende Flüssigkeit absondernden Afterdrüsen. Der Edelmarder (Baum-, Buchmarder, M. Martes L., s. Tafel »Raubtiere I«, Fig. 5), etwa 55 cm lang, mit 30 cm langem Schwanz, am Widerrist 16 cm hoch, ist oben dunkelbraun, an der Schnauze fahl, an Stirn und Wangen lichtbraun, an den Seiten und am Bauch gelblich, die Beine sind schwarzbraun, der Schwanz dunkelbraun. Zwischen den Hinterbeinen befindet sich ein rötlichgelber, dunkelbraun gesäumter Fleck, der sich manchmal in einem schmutziggelben Streifen bis zur Kehle fortsetzt. Diese und der Unterhals sind schön dottergelb. An der Oberlippe stehen vier Reihen von Schnurrhaaren. Im Winter ist der Pelz im allgemeinen dunkler als im Sommer; das Weibchen zeigt blässere Färbung des Rückens und einen weniger deutlichen Fleck. Der Baummarder findet sich, in Größe und Pelzfarbe vielfach wechselnd, in Skandinavien, Rußland, England, Deutschland, Frankreich, Ungarn und Italien, in Asien bis zum Altai und südlich bis zu den Quellen des Jenissei. Er bewohnt einsame Laub- und Nadelwälder als echtes Baumtier und benutzt hohle Bäume, verlassene Eichhörnchen- und Vogelnester, manchmal auch Felsenklüfte als Ruhestätten. Er ruht gewöhnlich am Tage, verfolgt alle Säugetiere, vom Rehkälbchen bis herab zur Maus, Auer-, Birk-, Hasel- und Rebhühner; auch plündert er alle Nester, holt aus der Schlinge die gefangenen Vögel und die Vogel beeren, frißt auch Birnen, Kirschen, Pflaumen, Honig und mordet in Hühner- und Taubenställen weit mehr, als er verzehren kann. Die Paarungszeit fällt in den Januar oder Februar. Ende März oder Anfang April wirft das Weibchen 3–5 Junge, die der Mutter schon nach wenigen Wochen auf die Bäume folgen, sich auch leicht auffüttern lassen, aber ihre angeborne Wildheit selten verlieren. Gefangene Edelmarder pflanzen sich auch fort, fressen aber ihre Jungen gewöhnlich auf. Man verfolgt den Edelmarder wegen des Schadens, den er unter Haus- und Waldtieren anrichtet und wegen seines schönen Felles; er ist deshalb in Deutschland ziemlich selten geworden. Der Hausmarder (Steinmarder, M. Foina Briss., s. Tafel »Raubtiere I«, Fig. 6) ist 45 cm lang, mit 25 cm langem Schwanz, verhältnismäßig kürzern Beinen, längerm Kopf, kleinern Ohren und kürzerm, graubraunem, an Beinen und Schwanz dunklerm Pelz mit kleinerm und reinweißem Kehlfleck.

Spur des Steinmarders.
Spur des Steinmarders.

Er findet sich in Deutschland, Frankreich, Italien, England, Schweden, dem gemäßigten europäischen Rußland bis zum Ural, in der Krim und in Westasien. Er kommt häufiger vor als der Edelmarder und nähert sich weit mehr als jener den Wohnungen der Menschen; in Lebensweise und Manieren stimmt er mit ihm ganz überein. Die Paarungszeit ist im Februar; im April oder Mai wirft das Weibchen 3–5 blinde Junge, die sich sehr leicht zähmen und selbst abrichten lassen, meist aber durch das Hervorbrechen ihrer Raublust lästig werden. Der Hausmarder erzeugt auch mit dem Edelmarder lebenskräftige Blendlinge. Sein Pelz ist weniger geschätzt. Auf der Jagd spürt man die M. bei einer Neue in seinem Versteck fest und erlegt ihn dort. Besonders günstig ist es, wenn der Schnee erst nach Mitternacht oder gegen Morgen gefallen ist, weil dadurch die Verfolgung der sonst oft meilenlangen Spur (s. Abbildung und Tafel »Fährten und Spuren«, Fig. 9) sehr abgekürzt wird. Namentlich der Baummarder bäumt auf seinen nächtlichen Streifereien oft und geht in den Ästen nahestehender Bäume weiter, was man an dem von den Zweigen abgestoßenen Schnee erkennt. Außerdem fängt man den M. in Eisen und mit der Prügelfalle, nachdem er vorher durch kleine Vögel oder Eier angekirrt ist, legt auch für den Steinmarder Tellereisen auf den Absprung, d. h. auf die Stelle, auf die er beim Herabspringen von Gebäuden, Zäunen oder Mauern zu treten pflegt, und die man bei Spurschnee leicht ermitteln kann.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 274.
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