Marshallinseln

[358] Marshallinseln, deutsche Inselgruppe im westlichen (mikronesischen) Teile des Stillen Ozeans, östlich von den Karolinen (s. die Karte »Karolinen, Marshallinseln etc.« in Band 10), nördlich von den Gilbertinseln, zwischen 4°20'–14°45' nördl. Br. und 161°5'–174° östl. L., 411 qkm mit 15,000 Eingebornen, (1904) 61 Deutschen und 189 Fremden (10 Amerikaner, 4 Engländer, 89 Mischlinge, 67 nichteingeborne Südsee-Insulaner, 13 Chinesen). Die Gruppe besteht aus zwei parallelen Reihen von Atolls, der Ratakgruppe im O., 133 qkm groß mit 10,000 Einw., bestehend aus 15 Inseln: Arno (30 qkm mit 3000 Einw., 3 Europäer), Majeru (30 qkm, 1604 Einw., 4 Europäer), Aur (4 qkm, 1000 Einw.), Maloelab (10 qkm, 1000 Einw., 1 Europäer), Mulgrave oder Mille (10 qkm, 700 Einw., 2 Europäer), ferner Erikub, Wotje, Likieb (1 Europäer), Jemo, Ailuk, Mejit (1 Europäer), Utirik, Taka, Bikar und Taongi, und der Rälikgruppe im W., 278 qkm groß, mit 5000 Einw., bestehend aus 18 Inseln: Jaluit (s. d.) mit Jabwor[358] (90 qkm mit 1006 Einw. und 49 Europäern), Ebon (5 qkm, 790 Einw., 1 Europäer), Namerik (6 qkm, 500 Ein w., 2 Europäer), Ujae (Brown, 3 qkm, 500 Einw.), ferner Udschelang (1 Europäer), Enivetok, Bikini (Eschholtz), Ailinginä, Rongerik, Rongelab, Wottho, Lae, Kwajalein (Menzikoff), Lib, Namo, Jabwat, Ailinglablab (1 Europäer) und Kili. Abgesondert im Süden liegt die Insel Nauru oder Pleasant (s. d.). Die Inseln oder vielmehr die auf den Rissen verstreuten Gruppen kleiner Inseln, bei einzelnen über 60, erheben sich nirgends mehr als 3 m ü. M. Die dünne Humusschicht wird von Schlinggras, Strauch- und Buschwerk überzogen, das den Bast zu Matten und Röcken liefert. Angebaut werden die Nahrungspflanzen Pandanus, Brotfrucht und Arrowroot und die Kokospalme, die in Kopra den einzigen Handelsartikel der Gruppe liefert. Von Tieren sind nur einheimisch eine kleine Eidechse, Land- und Wasserkrabben und die spärlich vorkommende Wildtaube; ein geführt und teilweise schon verwildert sind Schweine, Hunde, Hühner, Enten, Katzen, Ratten. Fische, von denen viele giftig sind, werden oft in großen Schwärmen geschickt auf die Risse getrieben und zur Ebbezeit erbeutet. Quellwasser fehlt. Die Einwohner (s. Tafel »Australier und Ozeanische Völker II«, Fig. 6) sind Mikronesier. Ausgezeichnete Leistungen sind die schönen Matten und die großen Kanoes mit Auslegern und Plattformen, worauf kleine Hauschen stehen (s. Tafel »Schiffsfahrzeuge der Naturvölker II«, Fig. 10). Früher unterhielten die Marshallaner einen regen Verkehr zwischen allen Inseln dieser Gruppe und besitzen von ihr auch aus Stöckchen und Steinen gefertigte Seekarten (Medo); jetzt wagt man selten größere Fahrten. Vor der Besitzergreifung durch Deutschland gingen die Eingebornen durch Trunk und eingeführte Krankheiten rasch ihrem Untergang entgegen, und die Häuptlinge waren den fremden europäischen Kaufleuten tief verschuldet. Jetzt ist der Verkauf von Spirituosen verboten, für die Gesundheit wird gesorgt, die Schulden sind abbezahlt. Die Verwaltung, deren Kosten bisher die Jaluitgesellschaft (s. d.) zu tragen hatte, lag in den Händen eines kaiserlichen Kommissars, jetzt Landeshauptmann genannt. Die Einfuhr betrug 1902/03: 419,000 (1901/02: 633,500), die Ausfuhr 556,200 (516,800) Mk. Die M. sind benannt nach dem Engländer Marshall, der sie 1788 entdeckte. Deutschland schloß 1878 einen Vertrag mit den Häuptlingen auf Jaluit ab, 15. Okt. 1885 wurde die deutsche Flagge auf dem ganzen Archipel geheißt und 1886 ein Reichskommissar eingesetzt. Auf dringliche Beschwerden der australischen Bundesregierung und Großbritanniens kündigle die deutsche Regierung der Jaluitgesellschaft den alten Vertrag, der eine Monopolisierung des Handels auf den M. zuließ, und setzte an dessen Stelle einen neuen mit Gültigkeit vom 1. April 1906 an, zu welchem Termin die Verwaltung vom Reich übernommen wird; gewisse Zollerleichterungen traten schon vom Oktober 1905 ab ein. Vgl. Hernsheim, Südsee-Erinnerungen, 1875–1880 (Berl. 1883); Hager, Die M. (2. Ausg., Leipz. 1889); Wegener, Deutschland im Stillen Ozean (Bielef. 1903); Schumann und Lauterbach, Die Flora der deutschen Schutzgebiete in der Südsee (Leipz. 1901); Steinbach und Grösser, Wörterbuch der Marshall-Sprache (Hamb. 1902) und die als Beilage zum »Deutschen Kolonialblatt« erscheinenden »Jahresberichte über die Entwickelung der deutschen Schutzgebiete« (Berl.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 358-359.
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