Karolinen

[668] Karolinen (hierzu Karte »Deutsche Kolonien in der Südsee II: Karolinen, Marshallinseln etc.«), deutsche Inselgruppe im westlichsten Teil des Stillen Ozeans, zu Mikronesien gehörig (s. Karte »Ozeanien«), erstreckt sich durch 27 Längengrade (137°-164° östl. L.) und 9 Breitengrade (10°6'–0°55' nördl. Br.) und besteht aus zahllosen Inseln, die über fast 2 Mill. qkm Fläche verstreut sind, aber zusammen nur etwa 1000 qkm Größe haben; die westlich davon liegenden Palauinseln (s. d.) betrachtet man als eine selbständige Gruppe. Von den Inseln sind die wichtigsten Ponape, Yap, Truk, Kusaie (s. die Einzelartikel) mit zusammen 796 qkm, zugleich die einzigen hohen (bis 892 m) Inseln, während die andern niedrige und kleine Koralleneilande sind; unter letztern sind die bedeutendsten die Uliti- und Hall-Atolle mit 16 qkm, Lukunor, Wolea-, Lamotrek-, Enderby-, Namonuito-, Mortlock- und Senjäwingruppe. Das Klima ist feucht, aber nicht ungesund; das Thermometer zeigt im Dezember 25–30°, im Juni 29–31°. Heftige Orkane richten oft große Verheerungen an. Die Pflanzenwelt ist im ganzen die Polynesiens; Kokos-, Areka-, Nipa-, auf Ponape auch Sagopalmen, Pandanus, Farne sind in den Küstenlandschaften reichlich vertreten; die Berge tragen dichte Waldungen von Nutzhölzern. Die Landfauna ist arm. Im Meere sind Schildkröten, äußerst giftige Seeschlangen (Hydrophidae), eigentümliche, zum Teil giftige Fische, Holothurien, aus denen Trepang bereitet wird, häufig. Von Landvögeln sind Tauben, auch Hühner (Megapodius) vertreten. Die Bevölkerung wurde 1901 zu etwa 36,000 (einschließlich der Palauinseln) ermittelt, darunter (1903) 125 Weiße. Die Karoliner gehören zu den Mikronesiern (s. d. und die Tafeln »Australier u. Ozeanische Völker«, Bd. 2). Merkwürdig sind die großartigen, aus früherer Zeit stammenden Steinbauten, Hafendämme u. a. auf manchen Inseln. Den wichtigen Koprahandel hat vornehmlich die deutsche Jaluitgesellschaft (s. d.) in Händen. Die Inselgruppe wurde 1527 durch den Portugiesen Diego da Rocha entdeckt und Sequeirainseln getauft, erhielt aber 1686 von dem Spanier Lazeano nach König Karl II. ihren jetzigen Namen. Von Manila aus suchten die Jesuiten die Bewohner der K. zum Christentum zu bekehren, ihre Expeditionen mißlangen aber, und als 1731 der Pater Cantova ermordet wurde, bekümmerte sich Spanien nicht mehr um die Gruppe. Untersucht wurde sie 1817 durch Kotzebue mit Chamisso, 1824 durch Duperrey, besonders aber 1827 und 1828 durch Lütke. Als Spanien 1875 sein in Vergessenheit geratenes Besitzrecht geltend machen wollte, wurden seine Ansprüche sowohl von Deutschland als von England zurückgewiesen. Als dann Spanien 1885 gegen die deutsche Besitzergreifung protestierte, erklärte sich Deutschland bereit, die Streitfrage dem Schiedsgericht des Papstes zu unterwerfen. Dieser entschied 22. Okt., daß die K. und Palauinseln Spanien gehören, dieses aber Deutschland volle Freiheit und Schutz des Handels und der Schiffahrt sowie das Recht, auf den K. eine Schiffs- und Kohlenstation anzulegen, gewähren sollte. Auf die Schiffs- und Kohlenstation verzichtete Deutschland 1886, kam aber durch ein Abkommen vom 30. Juni 1899 in den Besitz der Inselgruppe, für die Spanien eine Geldentschädigung von 25 Mill. Pesetas erhielt. Die Befriedung der teilweise fehdelustigen Bevölkerung war bis 1904 im wesentlichen vollendet. Für die Verwaltung werden die Inseln in einen Bezirk der Ostkarolinen, östlich des 148.° östl. L., mit Ponape (s. d.) als Sitz des Vizegouverneurs, und einen der[668] Westkarolinen, wozu auch die Palauinseln gerechnet werden, mit einem Bezirksamtmann auf Yap geteilt. Die K. werden jetzt an das Weltkabelnetz angeschlossen (s. Yap). Vgl. Kubary, Ethnographische Beiträge zur Kenntnis des Karolinen-Archipels (Leiden 1889); Montero Vidal, El archipiélago Filipino y las islas Marianas, Carolinas etc. (Madr. 1886); Taviel de Andrade, Historia del conflicto de las Carolinas (das. 1886); Miguel, Estudio sobre las Islas Carolinas (das. 1887); Christian, The Caroline Islands (Lond. 1899); Finsch, K. und Marianen (Hamb. 1900); Friederichsen, Die K. (das. 1902); Hassert, Die neuen deutschen Erwerbungen in der Südsee (Leipz. 1903); Wegener, Deutschland im Stillen Ozean (Bielef. 1903); Langhans, Karte der deutschen Verwaltungsbezirke der K., Palau und Marianen (Gotha 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 668-669.
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