Mergel

[630] Mergel (franz. Marne), Gestein, semiklastisches Gemenge von Calciumkarbonat oder Calciummagnesiumkarbonat (dolomitischer M.) mit Ton, der bei Behandlung mit Salzsäure als Tonschlamm ungelöst zurückbleibt. Kalkige M. brausen mit Säure stark, dolomitische M. nur schwach; beim Anhauchen empfindet man Tongeruch. Je nach dem Tongehalt, der zwischen 15 und 60 Proz. schwankt, unterscheidet man tonärmere Kalkmergel und tonreichere Tonmergel; erstere zeigen oft Übergänge in Kalkstein, letztere in Ton (Schieferton). Durch reichliche Beimengung von Quarzkörnern entsteht der Sandmergel. Nicht selten wird der M. dunkelgrau bis tiefschwarz durch beigemengte organische Substanzen (bituminöser oder Stinkmergel, Brandschiefer, Ölschiefer). Auch in Konsistenz, im Anfühlen, das meist mager, im Ansehen, das meist matt, und in der von Weißlich bis Dunkelgrau wechselnden, oft infolge eines Eisengehalts ins Rötliche oder Grünliche abändernden Farbe zeigt der M. große Verschiedenheiten. Er findet sich erdig als Mergelerde, dicht mit erdigem Bruch als gemeiner oder verhärteter M., dicht mit unebenem bis muscheligem Bruch, und dann oft mit kieseligem Bindemittel, als fester Steinmergel. Die M. erscheinen häufig schieferig bis dünnschieferig, mitunter reich an kleinen Glimmerblättchen (Glimmermergel, Schiefermergel, bei festerer Beschaffenheit Mergelschiefer). Die dunkeln, bituminösen, schieferigen M. enthalten oft sein verteilt oder in Form von Konkretionen Eisenkies und Markasit, ausnahmsweise auch Kupfer-, Blei- und Silbererze (Kupferschiefer). Die M. bilden häufig ganze Schichtkomplexe; verhärtete und Steinmergel kommen aber auch in Form von mannigfach gestalteten Konkretionen (Mergelnieren, s. Konkretionen und Adlersteine) in vielen tonigen oder mergeligen Gesteinen vor. Beim Verwittern blättert sich der M. auf oder zerfällt in kleine, eckige Stücke. Schließlich liefert er einen fruchtbaren, lehmigen, kalk- und tonhaltigen, kurzweg als Mergelboden bezeichneten Boden, der durch einen wenn auch kleinen Gehalt an Alkalien, durch Reichtum an alkalischen Erden und an löslicher Kieselerde, oft auch durch Gehalt an Phosphorsäure- und Chlorverbindungen zu den ergiebigsten Bodenarten gehört, die wir kennen. Er verbindet die wasserhaltende Kraft des Tones mit der raschen Erwärmung und Auflockerung des Kalkbodens. Sandiger Kalkmergelboden ist das Ideal der Zusammensetzung eines Ackerbodens. Die M. sind in allen sedimentären Formationen verbreitet. Besonders reich an mannigfach gefärbten Mergeln ist der Keuper (daher bunte M., marnes irisées); sie schließen oft Gips in dünnen Lagen und Adern ein (Gipsmergel). Von dunkeln Streifen und Flammen durchzogene graue M. (Flammenmergel) sowie mit Glaukonitkörnern gemengte M. (Glaukonitmergel, Grünsandmergel, auch wohl chloritische M. genannt, Pläner) kommen in der Kreide und in der Tertiärformation vielfach vor. Oolithische M., d. h. Kalkoolithe mit tonig-mergeligem Bindemittel, sogen. Rogensteine, treten bankartig im Buntsandstein am Harz auf. Auch im Diluvium und in den jüngsten Ablagerungen des Meeres und der süßen Wasser findet sich M., oft reich an Muschel- und Schneckenschalen (Muschelmergel). Man benutzt die M. als Dungmittel auf kalkarmem Boden, besonders auf Torf- und Sandboden (Mergeln, vgl. Dünger und Düngung, S. 280; dazu die Schriften von Heinrich: »M. und Mergeln«, Berl. 1896, und Bechtel: »Kalken und Mergeln«, Wien 1900); die Glaukonitmergel auch wegen ihres Gehalts an Kalium; viele M. sind zur Herstellung von hydraulischem Mörtel (Zement) vorzüglich geeignet (Zementmergel, Zementsteine).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 630.
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