Mörtel

[161] Mörtel (Mauerspeise, Speise), aus gelöschtem Kalk und Sand bereitete breiartige Mischung, die zur Verbindung der Mauersteine und zum Abputz etc. dient. Man unterscheidet Luftmörtel (gemeinen Kalkmörtel) und Wassermörtel (hydraulischen M., s. Zement). Ersterer erstarrt bei Luftzutritt, aber nicht, wie letzterer, unter Wasser, wird vielmehr von diesem in seine Bestandteile zerlegt. Zur Mörtelbereitung tauglicher Sand muß frei von Ton und Humus sein und möglichst eckig und kantig im Korn, mehr sein als grob und von verschiedener Größe des Korns. Je fetter der Kalk ist, um so mehr Sandzuschlag verträgt er. Man rechnet auf 1 cbm steifen Kalkbrei (aus fettem Kalk) 3–4, bei magerm Kalk 1–2,5 cbm Sand, weil seine fremden Gemengteile sich selbst wie Sand verhalten. Guter M. soll so viel Kalk enthalten, daß die Zwischenräume im Sand nur, aber auch vollständig, mit Kalkbrei ausgefüllt sind. Ist der M. fetter (kalkreicher), so schwindet und reißt er; ist er magerer (kalkärmer), so wird er mürbe und zerfällt, besonders unter dem Einfluß des Frostes. Ist grober Sand mit seinem gemischt, so erspart man Kalkbrei; die Kalkschicht wird dünner und reißt weniger leicht, und die Adhäsion wird vergrößert. Für geringern Bedarf bereitet man den M. in den Löschbutten, indem man zuerst den Kalk zu Brei löscht und dann den feuchten Sand einrührt; für größere Bauten benutzt man Mörtelmaschinen, die im wesentlichen einen eisernen Zylinder besitzen, in dessen Achse eine mit Flügeln versehene Welle angebracht ist. Bei der Drehung der Welle kneten die in Schraubenlinien auf der Welle angebrachten Flügel die Masse durch und fördern sie von einem Ende des Zylinders zum andern, so daß kontinuierlicher Betrieb möglich ist. Beim Auftragen werden die Mauersteine vorteilhaft genetzt, damit dem M. nicht zu schnell Wasser entzogen wird. Die bindende Kraft des Mörtels ist auf die Absorption von Kohlensäure durch den Ätzkalk und auf Flächenanziehung zurückzuführen. Je scharfkörniger, oberflächenreicher der Sand und je dünner die Mörtelschicht ist, um so fester haftet diese. Schon auf Chausseesteinen, die mit Kalkmilch besprengt werden, bildet sich eine sehr fest haftende Schicht von kohlensaurem Kalk. Allmählich trocknet der M. unter Aufnahme von Kohlensäure aus, und es bildet sich unter dem Druck des Mauerwerks ein fest werdendes Konglomerat. Jedenfalls schreitet die Erhärtung des Mörtels sehr langsam vor und erreicht selbst nach Jahrhunderten noch nicht ihr Maximum. Die Menge der absorbierten Kohlensäure ist dabei sehr verschieden. Ost enthält alter M. nur kohlensauren Kalk, in andern Fällen bleibt die Kohlensäure um 20–70 Proz. hinter der zur Bildung von neutralem kohlensaurem Kalk erforderlichen Menge zurück. War der M. mit Quarzsand bereitet, so kann sich auch etwas kieselsaurer Kalk bilden. Doch trägt dieser zur Erhärtung nicht wesentlich bei, denn einmal gibt Kalksand oder dolomitischer Sand ebenfalls sehr festen M., und dann wird der kieselsaure Kalk später durch eindringende Kohlensäure zersetzt, so daß sich freie Kieselsäure im M. findet. Da das erste Stadium des Erhärtungsprozesses des Mörtels durch Frost gestört wird, so darf man bei einer Temperatur von -4° nicht mehr mauern; polizeiliche Verordnungen haben die Minimaltemperatur mehrfach auch auf -2° R. festgesetzt. Über Gipsmörtel s. Gips, S. 859. Sättigt man Wasser mit Gips und löscht mit der Lösung gewöhnlichen, aber sich träge löschenden Kalk, so erhitzt sich der Kalk wenig beim Löschen, bindet aber doppelt soviel und mehr Sand als gewöhnlicher fetter Mauerkalk, und dieser sandreiche M. soll nach einiger Zeit größere Festigkeit und Härte annehmen als gemeiner Luftmörtel (Selenitmörtel). Mischt man den Kalk mit 1,5 Proz. Gips, so erstarrt er ohne Mitwirkung von Kohlensäure auch unter Wasser. Lehm, mit Wasser erweicht und, falls er zu fett ist, mit Sand magerer gemacht oder mit gehacktem Stroh vermischt, gibt den Lehmmörtel, der als Bindemittel für Lehmsteinwände und bisweilen auch zum Vermauern der Backsteine im Innern der Gebäude benutzt wird. Lehmmörtel erhärtet bei weitem nicht in dem Maß wie Kalkmörtel, auch treten keine chemischen Veränderungen ein. Da er sehr weich verarbeitet wird, so schwindet er stark. Einmal getrocknet, scheidet der Lehmmörtel nicht weiter (wie der Kalkmörtel durch Aufnahme von Kohlensäure aus der ausgeatmeten Luft der Bewohner) Wasser aus; die mit Lehmmörtel verputzten Zimmer sind daher auch früher bewohnbar als die mit Kalkmörtel verputzten. Dagegen zieht der Lehmmörtel sehr leicht Feuchtigkeit an. Ausgedehnte Anwendung findet er zum Ausführen des Mauerwerks für gewöhnliche Feuerungsanlagen; auch dient er als Schutzmittel gegen Feuersgefahr, insofern das damit überzogene Holz ziemlich lange dem Feuer widersteht. Kalk-, Gips- und Lehmmörtel werden mit Kuh- und Kälberhaaren (Haarmörtel, Haarkalk) gemischt, wenn man sie[161] zum Verstreichen von Fugen benutzen will. Schamottemörtel besteht aus feuerfestem Ton und Schamottepulver oder Quarzsand. Man benutzt ihn zu feuerfesten Mauerwerken. Vgl. Heusinger v. Waldegg, Kalk-, Ziegel- und Röhrenbrennerei (5. Aufl., Bd. 2, Leipz. 1903); Zwick, Kal kund Luftmörtel (2. Aufl., Wien 1906); Feichtinger, Chemische Technologie der Mörtelmaterialien (Braunschweig 1885); Schoch, Die moderne Aufbereitung und Wertung der Mörtelmaterialien (Berl. 1896); Unna, Bestimmung rationeller Mörtelmischungen (2. Aufl., Köln 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 161-162.
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