Mimus [2]

[856] Mimus (griech.), eigentlich »Nachahmer«, namentlich ein Possenreißer, wie solche von alters her in Sizilien und Großgriechenland bei Volksfesten u. a. ihr Wesen trieben, auch zur Unterhaltung bei Tische dienten, dann aber auch die dramatische Nachahmung von Personen und Szenen des gemeinen Lebens. Dialogisierte Charakterbilder aus dem Volksleben waren Mimen des Syrakusaners Sophron, die jedoch nicht für die Bühne, sondern zum Vorlesen bestimmt waren, sowie die nach dem choliambischen Versmaß benannten Mimiamben des Herodas. – Der römische M. ist ein aus Griechenland früh eingeführter ausgelassener Tanz, der später im Theater als Intermezzo (embolium) diente, dann sich zu einer aus Gesang, Tanz und Dialog bestehenden Posse gestaltete, die um die Mitte des 1. Jahrh. v. Chr. als Nachspiel (exodium) die Atellana verdrängte. In dieser Zeit erhielt sie auch durch Laberius und Publilius Syrus kunstmäßige Ausbildung. Ihr einheimischer Name war planipes, weil die Darsteller planis pedibus, d. h. ohne Theaterschuh, auftraten; auch fehlte die Maske, die ja das Mienenspiel ausgeschlossen hätte; zum Unterschied von allen sonstigen Schauspielen wurden die weiblichen Rollen wirklich von Frauen gegeben. Die Stoffe waren meist dem niedern Volksleben entnommen und mit Vorliebe obszön; Hauptzweck war, durch ausgelassenste Komik die Lachlust zu befriedigen; Improvisation hatte allezeit den weitesten Spielraum. In der Kaiserzeit nahm der M. als selbständiges Spiel unter den dramatischen Aufführungen als die der Menge zusagendste Gattung den ersten Rang ein und überdauerte sogar das weströmische Reich. Neben dem Hauptspieler, dem archimimus oder der archimima, wirkte namentlich der sannio, Grimassenschneider, und der stupidus, Einfaltspinsel. Vgl. Reich, Der M. (Berl. 1902, Bd. 1).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 856.
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