Mitau

[908] Mitau (russ. Mitawa, lett. Jelgawa), Hauptstatt des russ. Gouv. Kurland, liegt mitten in einer flachen Ebene von nur 3,6 m Meereshöhe unweit der Mündung der Drixe in die Aa und an der Eisenbahn Riga-M.-Murawjewo (Zweig der Riga-Orelbahn), ist regelmäßig gebaut, hat aber viele niedrige und hölzerne Häuser. Unmittelbar vor der Stadt liegt das große, nicht ganz ausgebaute Schloß, 1738 von Biron begonnen, auf der Stelle der 1266 erbauten Ordensburg, die ehedem Residenz der Herzoge von Kurland war (in den Gewölben sind dieselben beigesetzt), jetzt Sitz des russischen Gouverneurs und der Gouvernementsbehörden.[908] Die Stadt hat 10 Kirchen (darunter 4 lutherische, 4 griechisch-orthodoxe, eine römisch-katholische, eine reformierte), eine Synagoge, ein Knaben- und ein Mädchengymnasium, ein Realgymnasium, über 30 andre Lehranstalten, ein Provinzialmuseum (mit Bibliothek), eine Kurländische Gesellschaft für Literatur und Künste (seit 1816 bestehend), eine Lettische Literarische Gesellschaft (mit der Rigaschen verbunden), ein Theater, mehrere Kranken- und Armenhäuser und zählt (1897) 35,011 Einw. (über die Hälfte Deutsche, dann Juden, weniger Russen, Letten und Polen). Der Konfession nach sind 64,4 Proz. Evangelische, 24 Proz. Juden, 6,5 Proz. Griechisch-Orthodoxe, 4,9 Proz. Katholiken.

Wappen von Mitau.
Wappen von Mitau.

Die Industrie ist nicht von Belang und wird repräsentiert durch etwa 30 Fabriken, in denen besonders Leinwand, Wachstuch, Tinte, Seife, Bier etc. hergestellt werden. Der Handel, hauptsächlich mit Getreide, Holz u. dgl., geht über Riga. M. ist Sitz der Vertretung des kurländischen Adels, der Direktion des Landwirtschaftlichen Kreditvereins, einer Stadtbank, zweier Sparkassen etc. In der Umgegend von M. liegen die drei Lustschlösser Schwerthof, Friedrichslust und Ruhenthal. – 1265 wurde unter dem Ordensmeister Konrad von Mandern das Ordensschloß M. gebaut. Die Stadt gelangte erst im 16. Jahrh. zu einiger Bedeutung und wurde Hauptstadt der Herzoge von Kurland. 1621, 1625 und 1658 bemächtigten sich die Schweden der Stadt, gaben sie aber im Frieden von Oliva 1660 wieder heraus; 1706 nahmen die Russen dieselbe ein und zerstörten das Schloß großenteils. Nach seiner Wiederherstellung diente es 1798–1807 als Asyl Ludwigs XVIII. von Frankreich. Seit 1795 gehört M. zu Rußland.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 908-909.
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