Nodier

[726] Nodier (spr. nodjē), Charles, franz. Schriftsteller, geb. 29. April 1780 in Besançon, gest. 27. Sept. 1844 in Paris, wurde 1797 Bibliothekar in Besançon und gab hier zwei Werke über Entomologie heraus. Der Verlust seiner Stelle führte ihn nach Paris; er studierte nun eifrig die fremden Literaturen, ahmte Goethes »Werther« nach in den sentimentalen Romanen: »Les proscrits« (1802), »Le peintre de Saltzbourg« (1803) und wurde eins der Häupter der literarischen[726] Umwälzung, ohne jedoch ein Romantiker strenger Observanz zu sein. Die satirische Ode »La Napoléone« (1802) zog ihm Gefängnis zu; er mußte Paris meiden und hat bis 1814 ein unstetes Leben geführt; zuletzt war er Bibliothekar in Laibach und redigierte den »Télégraphe illyrien«. Unter der Restauration wurde er eifriger Royalist, erhielt das Adelsdiplom und wurde im Dezember 1823 Oberbibliothekar am Arsenal. 1833 war er, der erste Nichtklassiker, Mitglied der Akademie geworden. N. hat sich als Naturforscher, Grammatiker, Dichter, als historischer, politischer und Romanschriftsteller durch seine umfassende Gelehrsamkeit, besonders aber durch seinen eleganten Stil einen Namen gemacht. Zudem entwickelte er eine beispiellose literarische Tätigkeit; die Menge seiner Werke war so groß, daß er selbst die Titel nicht im Gedächtnis behalten konnte. Seine Gedichte sind gesammelt von Delangle (Par. 1827). Als Sprachforscher war er von philologischer Gewissenhaftigkeit; er schrieb das »Dictionnaire raisonné des onomatopées françaises« (1808), »Dictionnaire universel de la langue française« (1823, 2 Bde.) und gab viele Klassiker neu heraus (Clotilde de Surville, Lafontaine, Molière, Voltaire, Lamartine u.a.) mit Vorreden, Einleitungen und Anmerkungen. Durch die »Mélanges tirés d'une petite bibliothèque« (1829) und »Nouveaux mélanges« (1844) lenkte er die Aufmerksamkeit wieder der Literatur des 16. Jahrh. zu. Großen Beifall fanden seine Romane wegen ihrer fesselnden Erzählung und ihres farbenreichen Stils, hauptsächlich: »Jean Sbogar«, »Thérèse Aubert«, »Smarra, ou les démons de la nuit«, ein romantischer Traum, »Le roi de Bohême et ses sept châteaux«, ein Märchen voll prächtigen Humors, »La fée aux miettes«, »Mademoiselle de Marsan« etc. Sie finden sich meist in den »Œuvres de N.« (1832 bis 1834, 12 Bde.). Von seinen historischen Werken ist das interessanteste »Le dernier banquet des Girondins« (1833). Vgl. Mad. Mennessier-Nodier, Charles N., épisodes et souvenirs de sa vie (Par. 1867); »Correspondance inédite de Charles N.« (hrsg. von Estignard, 1876).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 726-727.
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