Plāzet

[34] Plāzet (lat. placet, »es gefällt«, Placetum regium, landesherrliches P.), das Recht der Staatsgewalt, Erlasse der Kirchenbehörden vor deren Veröffentlichung einzusehen und zu genehmigen. Ohne diese Genehmigung erlangen kirchliche Gesetze in den betreffenden Staaten keine verbindliche Kraft. Namentlich seit der Reformation wurde dieses Recht von den weltlichen Fürsten in Anspruch genommen und trotz des prinzipiellen Widerspruchs der katholischen Kirche gehandhabt. Der Standpunkt der modernen Staatskirchengesetzgebungen ist verschieden. In einzelnen Staaten, so in Bayern, besteht es noch im vollen Umfang. In andern Staaten, so Württemberg, Sachsen, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen, besteht es nur noch in Beschränkung auf solche Erlasse, die bürgerliche oder gemischte Angelegenheiten betreffen, während hinsichtlich rein kirchlicher Angelegenheiten nur noch eine Verpflichtung zur Vorlegung der Erlasse an die Staatsbehörden vor oder gleichzeitig mit der Verkündigung vorgeschrieben ist. Als freier Genehmigungsvorbehalt des Staates ist das P. wenigstens in der Ausdehnung auf rein kirchliche Angelegenheiten mit dem Grundsatz der Selbständigkeit der Kirche unvereinbar; als bloßer Vorbehalt der staatlichen Einsichtnahme zum Zweck der Prüfung der Gesetzmäßigkeit vor Erlaß ist es zwar selbst in der Ausdehnung auf alle kirchlichen Erlasse mit diesem Grundsatz wohl vereinbar, aber praktisch unwirksam und daher in einzelnen Staaten, so in Preußen, ganz beseitigt und auch durch die Maigesetzgebung nicht wieder aufgenommen worden. Zur Verhinderung von Widersprüchen zwischen Kirchen- und Staatsgesetzen ist in Preußen jedoch vorgeschrieben, daß ein von der Generalsynode angenommener Gesetzentwurf dem Kultusminister und Gesetzesvorlagen der General- oder Provinzialsynode dem Staatsministerium zur Prüfung vorzulegen sind. Durch die Beseitigung des Plazets ist aber selbstverständlich weder der Grundsatz, daß kirchliche mit den Staatsgesetzen unvereinbare Erlasse rechtsungültig sind, noch das Mitwirkungs- und Genehmigungsrecht des Staates in den einzelnen ihm spezialgesetzlich vorbehaltenen sogen. gemischten Angelegenheiten beseitigt worden. Gegenüber der protestantischen Kirche hat das P. schon wegen der Vereinigung von Staats- und Kirchengewalt in der Person des Landesherrn keine besondere Bedeutung, wenngleich es auch für evangelisch-kirchliche Erlasse in einzelnen Staaten vorgeschrieben ist. In Österreich ist seit dem Konkordat vom 18. Aug. 1855 jede Spur eines Plazets verschwunden. Vgl. Friedberg, Die Grenzen zwischen Staat und Kirche (Tübing. 1872); Hauck, Studie über das Placetum regium in Bayern (Regensb. 1889); Petri, Geschichte des Plazets nach Zweck und rechtlicher Ausgestaltung (Sorau 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 34.
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