Privatklage

[358] Privatklage (Privatanklage), im Strafprozeß die auf Bestrafung gerichtete Klage, die von dem durch ein Vergehen Verletzten gegen den Schuldigen bei Gericht gestellt wird. Der Regel nach liegt die Verfolgung einer jeden strafbaren Handlung mittels öffentlicher Klage der Staatsanwaltschaft ob; nur bei Beleidigungen und Körperverletzungen, soweit hier eine Bestrafung auf Antrag eintritt, kann nach der deutschen Strafprozeßordnung der Verletzte oder der an seiner Stelle zum Strafantrag Berechtigte (s. Antragsdelikt) im Wege der P. (als Privatkläger) die Einleitung des strafrechtlichen Verfahrens, in dem ihm alsdann dieselben Rechte wie der Staatsanwaltschaft bei der öffentlichen Klage zustehen, herbeiführen. Nur wenn es nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft im öffentlichen Interesse liegt, wird auch bei derartigen Beleidigungen und Körperverletzungen die öffentliche Klage angestrengt, der sich jedoch der Verletzte als Nebenkläger anschließen darf (s. Nebenklage). Die P. des deutschen Strafprozesses ist die sogen. prinzipale oder primäre, weil ihre Erhebung eine vorgängige Anrufung der Staatsanwaltschaft nicht voraussetzt. Dagegen ist das Institut der sogen. subsidiären P., d. h. der Befugnis des Verletzten, als Privatkläger vor Gericht aufzutreten, wenn die Staatsanwaltschaft die Erhebung der öffentlichen Klage ablehnt, obwohl von dem deutschen Juristentag empfohlen und ursprünglich auch in den Entwurf der deutschen Strafprozeßordnung aufgenommen, nicht zum Gesetz erhoben und damit das sogen. Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft im wesentlichen aufrecht erhalten worden. Vgl. Deutsche Strafprozeßordnung, § 414–446. Wohl aber besteht in Österreich das Institut der Subsidiaranklage (s. Privatbeteiligter). Da die Reformbedürftigkeit der P. von keiner Seite in Abrede gestellt, das Anklagemonopol des Staatsanwalts mit Recht als völlig unzeitgemäß und viel zu umfassend bezeichnet wird, hat auch die Kommission für die Reform des Strafprozesses (1903–05) die P. in den Kreis ihrer Betrachtung gezogen und sich dahin ausgesprochen, daß bei gewissen Delikten mangels öffentlichen Interesses im Einzelfalle die Erhebung der öffentlichen Klage unterbleiben, bez. der Antrag auf Strafverfolgung abgelehnt werden kann, dafür aber die prinzipale Privatklage auf eine Reihe weiterer Delikte (Hausfriedensbruch, fahrlässige und gefährliche Körperverletzung, Begünstigung etc.) ausgedehnt werden soll. – Im Militärstrafverfahren tritt an Stelle der P. die Anzeige strafbarer Handlungen und der Antrag auf Strafverfolgung. Vgl. R. Schmidt, Staatsanwalt und Privatkläger[358] (Leipz. 1891); Kade, Die P. in den Strafprozeßordnungen der Jetztzeit (Berl. 1900); Thiersch, Anwendungsgebiet und rationelle Gestalt der P. (das. 1901); »Protokolle der Kommission für die Reform des Strafprozesses«, Bd. 2 (das. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 358-359.
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