Probejahr

[362] Probejahr, in klösterlichen Vereinen soviel wie Noviziat (s. d.); dann das Jahr, das in manchen Staaten, Städten etc. neu angestellte Beamte (besonders Lehrer) vor ihrer festen Anstellung dienen müssen. – Das P. der Kandidaten des höhern Schulamtes wurde in Preußen durch Erlaß des Ministers v. Altenstein vom 24. Sept. 1826 eingeführt, worauf allmählich auch die übrigen deutschen Staaten diese Einrichtung annahmen. Für die Art der Beschäftigung der Probekandidaten oder Probanden (candidati probandi) war bis 1890 die Vorschrift des Ministers v. Mühler vom 30. März 1867 maßgebend. Am 15. März 1890 ist durch den Minister v. Goßler die praktische Ausbildung der Kandidaten für das Lehramt an höhern Schulen ganz neu geordnet worden. Die praktische Ausbildung dauert jetzt zwei Jahre und besteht aus Seminarjahr und P. Jenes muß an einer eigens dazu eingerichteten neunjährigen Vollanstalt nach den dafür maßgebenden Vorschriften absolviert sein (s. Seminar). Das P. dagegen kann an höhern Schulen jeder Art (neun- oder sechsjährigen) abgelegt werden. Die Probanden sind innerhalb ihrer nachgewiesenen Lehrbefähigung sofort unter Aussicht erfahrener Lehrer mit 8–10 wöchentlichen Stunden zu betrauen. Bei dringendem Bedürfnis kann ein Probandus auch mit mehr (bis zu 20) Wochenstunden gegen Vergütung belastet werden. Nach wohlbestandenem P. wird der Kandidat von der Aufsichtsbehörde für anstellungsfähig erklärt. Mehr oder weniger ähnlich im übrigen Deutschland. Vgl. Wiese, Verordnungen und Gesetze für die höhern Schulen in Preußen (3. Ausg., Berl. 1886, 2 Bde.); »Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen« (1890); Beier, Die höhern Schulen und ihre Lehrer in Preußen. Sammlung der wichtigsten Gesetze etc. (2. Aufl., Halle 1902; 1. Ergänzungsheft 1904); »Deutsche Schulgesetzsammlung« (Berl., seit 1872); Morsch, Das höhere Lehramt in Deutschland und Österreich (Leipz. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 362.
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