Tankred

[309] Tankred, 1) T. von Hauteville, normann. Ritter im 11. Jahrh., dessen zehn Söhne, zuletzt die beiden jüngsten, Robert Guiscard (s. d.) und Roger I. von Sizilien, in der ersten Hälfte des 11. Jahrh. nach Unteritalien zogen und dort die Herrschaft der Normannen begründeten.

2) Berühmter Kreuzfahrer, Neffe des Fürsten Bohemund von Tarent (s. Bohemund 1), begleitete diesen 1096 auf dem ersten Kreuzzug, zeichnete sich bei der Belagerung von Nikäa durch Tapferkeit aus, besetzte Tarsos, aus dessen Besitz ihn jedoch Balduin, der Bruder Gottfrieds von Bouillon, verdrängte, und tat sich vor Antiochia sowie bei der Eroberung von Jerusalem außerordentlich hervor. Demnächst setzte er sich im Norden Palästinas fest und wurde von Gottfried zum Fürsten von Galiläa ernannt. Nach dessen Tode widersetzte er sich vergeblich der Nachfolge Balduins im Königreich Jerusalem und verzichtete, als er sie nicht hindern konnte, auf sein Fürstentum Galiläa. Im April 1101 übernahm er die Verwaltung des Fürstentums Antiochia, während Bohemund von den Sarazenen gefangen war. 1103 wurde dieser freigelassen und übernahm von neuem die Herrschaft, übertrug sie aber schon 1104 wieder an T. und begab sich nach Europa. T. vergrößerte das Fürstentum durch bedeutende Eroberungen in Syrien und Kilikien und regierte es bis zu seinem Tode, 12. Dez. 1112. Sein Ruhm ist besonders durch Tassos »Befreites Jerusalem« erhöht worden, worin T. ganz als Held erscheint. Vgl. Radulfus von Caen, Gesta Tancredi (im »Recueil des historiens des Croisades; Historiens occidentaux«, Bd. 3, Par. 1866); B. Kugler, Boemund und T., Fürsten von Antiochien (Tübing. 1862).

3) T. von Lecce, König von Sizilien, natürlicher Sohn des Herzogs Roger von Apulien (gest. 1148) und Enkel des Königs Roger II. von Sizilien, ward nach Wilhelms II. Tod (16. Nov. 1189) 1190 von den Sizilianern in Palermo zum König gewählt und verteidigte den Thron mit Glück gegen Kaiser Heinrich VI. Nach seinem Tode 20. Febr. 1194 mußte sein unmündiger Sohn Wilhelm III. im Dezember d. J. auf die Krone verzichten und starb nach wenigen Jahren auf der Burg Hohenems.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 309.
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