Vorländer

[260] Vorländer, 1) Franz, Philosoph, geb. 15. Sept. 1806 in Röttgen (Regbez. Köln), gest. 31. März 1867 zu Marburg i. H., studierte in Bonn und Berlin Philologie, Philosophie und Geschichte und wurde namentlich von Schleiermacher, daneben von Hegel angeregt. Nach Erscheinen seines ersten größern Werkes: »Grundlinien einer organischen Wissenschaft der menschlichen Seele« (Berl. 1841), wurde er 1842 als außerordentlicher Professor nach Marburg i. H. berufen, wo er nebenbei als Sekretär an der Universitätsbibliothek tätig war. In Religion und Politik huldigte er einer freiern Richtung. Von seinen Schriften sind noch zu erwähnen: »Wissenschaft der Erkenntnis« (Marb. u Leipz. 1847); »Schleiermachers Sittenlehre ausführlich dargestellt und beurteilt« (Marb. 1851); »Geschichte der philosophischen Moral, Rechts- und Staatslehre der Engländer und Franzosen« (das. 1855). »Das Evangelium der Wahrheit und Freiheit, gegründet auf das Natur- und Sittengesetz« (anonym, Leipz. 1865; 2. Ausg. 1871).

2) Karl, Philosoph, Sohn des vorigen, geb. 2. Jan. 1860 zu Marburg i. H., studierte hier und in Berlin besonders Philosophie, deutsche Literatur und Geschichte und wirkt jetzt als Professor am Reformgymnasium in Solingen. Er schrieb. »Der Formalismus der Kantischen Ethik in seiner Notwendigkeit und Fruchtbarkeit« (Marb. 1893); »Kant und der Sozialismus« (Berl. 1900); »Die neukantische Bewegung im Sozialismus« (in den »Kantstudien«, Bd. 7, 1902); »Marx und Kant« (Vortrag, Wien 1904); »Geschichte der Philosophie« (in der »Philosophischen Bibliothek«, 2. Aufl., Leipz. 1908, 2 Bde.); »Kant, Schiller, Goethe. Gesammelte Aufsätze« (das. 1907) u. a. Außerdem hat er die meisten Schriften Kants mit Einleitungen und ausführlichen Sachregistern (Halle 1899–1906) herausgegeben. V. ist zu den Neukantianern zu zählen (s. Neukantianismus) und bringt den Sozialismus mit Kant in Verbindung, indem er meint, die Kantische Ethik eigne sich am besten zur Grundlage für die sozialistische Weltanschauung, die eine Gemeinschaftsethik zur Absicht habe.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 260.
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