Cockerill

[232] Cockerill (spr. Kockrill), John, geb. 1790 zu Haslington in Lancastershire. Sein Vater verließ bald nach seiner Geburt mit seinen älteren Söhnen, William u. James, England, um in Schweden u. Belgien Maschinen zu bauen. 1802 folgte er seinem Vater nach Verviers. Sein Bruder William gründete in Frankreich ein Fabriketablissement, u. als dieses abbrannte, zu Guben in Preußen, während der Vater für James u. John eine andere Maschinenbauanstalt 1807 in Lüttich anlegte, welche, nachdem der Vater 1814 zurückgetreten war, 1816 nach dem nahen ehemaligen bischöflichen Palast Seraing verlegt wurde. Dort brachten beide Brüder ihre berühmte Maschinenfabrik in Flor u. verbanden damit eine Dampfkesselfabrik, große Stab- u. Blechwalzwerke, ein Eisenbahnschienenwalzwerk, einen Hochofen, 16 Puddlings- u. viele Flammenöfen, eine Schmiedewerkstätte für 90 Feueressen, eine Modellirwerkstätte, ein Atelier für Zeichner, eine Werkstätte zu Ausbesserung der Geräthe, zwei Steinkohlengruben, eine Eisenerzgrube u. eine Krempelfabrik an, so daß an 2500 Arbeiter u. 22 Dampfmaschinen von fast 1000 Pferdekraft beschäftigt wurden. Alle diese Etablissements, ausgenommen die Bergwerke, sind von einer hohen Mauer im Viereck umgeben. Schon die erste Etablirung dieses Geschäftes kostete den Brüdern 4 Millionen. 1825 verkaufte Johns Bruder, James, seinen Antheil an den König von Holland, der das Unternehmen sehr unterstützte. Von da an leitete John das Etablissement selbst u. entfaltete eine so ungeheuere Thätigkeit, daß er vielleicht das Größte leistete, was in industrieller Beziehung je geschehen ist. So besaß er u. seine Compagnons außer Seraing in Lüttich eine Baumwollenspinnerei, mechanische Weberei, Kammgarnspinnerei u. Maschinenfabrik, in Ardennes bei Namur eine Maschinenpapierfabrik u. Kattunweberei, in Namur eine Baumwollenspinnerei, Hochöfen bei Charleroi, eine Krempelfabrik u. Baumwollenspinnerei in Spaa, außerdem in Belgien mehrere Dampfmühlen u. Flachsspinnereien, in Jemappes eine Eisengießerei, in Val St. Lampert eine Eisengießerei, in Decazeville eine Maschinenfabrik, in St. Denis eine Kammwollenspinnerei, in Bezeche eine Maschinenfabrik, in Verviers u. Aachen Merinowebereien u. Kattundruckereien, in Stollberg ein Zinkwerk, in Kottbus eine Streichgarnspinnerei, in Przedborz in Polen eine Tuchfabrik, in Petersburg eine Maschinenfabrik, in Barcelona eine Tuchfabrik, in Spanien sonst noch Eisenwerke u. in Surinam Depots von Zuckermühlen u. Dampfmaschinen, im Ganzen einige 60 Etablissements. Zu dem Allen waren ungeheuere Capitale nöthig, die C. jedoch aufzubringen vermochte, da er bei der Belgischen Bank, als Mitbegründer derselben u. Haupt der belgischen Industrie, einen unbegrenzten Credit genoß. Indessen hatte er seine Kräfte übermäßig zersplittert, u. schon bei der Revolution 1830, wo sein Compagnon, der König von Holland, gegen die belgische Revolution zu kämpfen hatte, traten Störungen ein, welche indeß ohne üble Folgen vorübergingen. Ein größerer Schlag traf ihn aber, als die Belgische Bank 1838 ihre Zahlungen sistirte. Hierdurch kam auch C. in Verlegenheit u. mußte Anfang 1839 liquidiren. Der bekannt gemachte Status ergab fast 26 Millionen Franken Activa, u. fast. 18 Millionen Fr. Passiva, so daß 8 Millionen Fr. Überschuß hätten bleiben müssen. C-s Schwager, Pastor aus Aachen u. Piercot, sollten mit den Geschäftsführern von Seraing, Wory u. Memminger, die Liquidation u. die Veräußerung der Etablissements leiten, aber dieselben gingen meist unter dem Anschlag weg. C. selbst ging nach Rußland, um dort neue Etablissements mit Hülfe der russischen Regierung zu gründen, doch starb er 1840 auf der Rückreise in Warschau. Sein Leichnam wurde nach Seraing gebracht. Schon 1817 war James C. in Aachen gestorben, nur dieser hat Kinder hinterlassen. William st. 1847.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 232.
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