Dannecker

[732] Dannecker, Joh. Heinr. v. D., geb. 15. Oct. 1758 in Waldenbuch bei Stuttgart. Seit 1771 in die neu errichtete Karlsschule aufgenommen, war er anfänglich zum Tänzer erzogen, zeigte aber so große Anlage zum Zeichnen, daß er sich der Bildhauerkunst widmen durfte. Sein Talent entwickelte sich rasch unter dem Einflusse des Bildhauers Lejeune u. des Malers Guibal u. Harper, so daß er kaum 18 Jahr alt, bei dem ersten Concurs 1776 für seinen Milon (die Hände in dem Baumstamme von Löwen angefallen) den Preis erhielt. Nachdem er die Schule verlassen, wurde er 1780 Hofbildhauer des Herzogs Karl. 1783 trat er mit seinem Studiengenossen Scheffauer zu Fuß die Reise nach Paris an u. arbeitete mit diesem auf dem Atelier Pajous; 2 Jahre später wanderten beide Freunde nach Rom; dort blieb D. 5 Jahre, lernte Herder u. Goethe kennen u. gewann durch ihren Umgang an allgemeiner, durch Canova's Leitung an speciell künstlerischer Bildung. Er erwarb sich in Rom durch Ausführung einer Ceres u. eines Bacchus (jetzt im Stuttgarter Residenzschlosse) in Marmor die Aufnahme in die Akademien zu Bologna u. Mailand. 1790 kehrte er nach Stuttgart zurück u. wurde dort als Professor der bildenden Künste an der zur hohen Schule erhobenen Karlsakademie angestellt Hier schloß er sich eng an den kunstgelehrten Hofrath Rapp an, dessen Umgang ihn bes. zu künstlerischem Schaffen anregte. 1816 wurde er württembergischer Hofrath u. später Generaldirector der neuen Akademie der schönen Künste. Seit 1829 kränkelnd, verlor er das Gedächtniß, welcher Zustand in eine förmliche Geistesstörung ausartete u. st. 8. Dec. 1841 in Stuttgart. Werke: Sappho in Marmor für das Lustschloß Monrepos (1796); Ariadne, auf einem Leoparden reitend (vollendet 1816, angekauft von Moritz v. Bethmann in Frankfurt); kolossale Büste Schillers (1793); Amor u. als Gegenstück eine Psyche (im königlichen Landhaus Rosenstein, 1812); mehrere Büsten nach dem Leben, kolossaler Christus für die Kaiserin Mutter in Rußland (1824). D-s Werke mit seinem Lebensabriß von Grüneisen u. Wagner, Hamb. 1841. Das Wirken D-s fällt in die Zeit der Regeneration der bildenden Künste, welche in der Bildhauerkunst vornehmlich durch Cauova angebahnt wurde. Er schloß sich der neuen Richtung mit ganzer Seele an, bes. seit ihm durch das Studium der Antike in Rom der Sinn für einfache u. edle Auffassung der Natur u. für die Schönheit natürlicher Formen aufgegangen war. Durch angestrengtes Studium der Anatomie gewann er eine große Fertigkeit in der richtigen Behandlung des Nackten, u. namentlich bei seinen Büsten offenbart sich sein seiner naturalistischer Sinn in der Wiedergabe des Individuellen. Wie Canova hatte D. eine glücklichere Hand in der Behandlung des Zarten u. Weiblichen, als in der Ausprägung männlicher u. kraftvoller Züge, weshalb auch die meisten seiner Werke weibliche Gestalten darstellen. Er bildete viele Schüler, darunter Imhof, Zwerger, L. Mack u. Distelbarth.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 732.
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