Talent

[213] Talent (v. gr. Talanton, d.i. Wage, das Zugewogene), 1) ein bestimmtes Gewicht, früher bes. ein Goldgewicht, später ein wirkliches Handelsgewicht; das attische T. war vor Solon = 77 preußische Pfund, nach Solon = 56 Preußische Pfund = 463/4 Wiener Pfund = 26,2 französische Kilogramms; in Alexandria war es 125 Pfd.; 2) eine bestimmte Geldsumme in Silber, dessen Betrag jedoch nicht allein in den verschiedenen griechischen Staaten, sondern auch zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden war. Das gewöhnlichste T., welches stets gemeint ist, wenn von T-en ohne besonderen Zusatz gesprochen wird, war das Attische; es hielt 60 Minen od. 6000 Drachmen, nach unserm Gelde gegen 1500 Thlr., so nach der Bestimmung Solons; vorher war es um 1/4 mehr, seit der Mitte des 4. Jahrh. v. Chr. um 27 Procent weniger werth; das Äginetische T., auch 60 Minen, aber schweres Geld (10,000 attische Drachmen), so daß es bei 2500 Thlr. betrug. Diesem gleich kam das Korinthische T., es hielt nach korinthischer Rechnung 5600 Stateren (30,000 äginetische Obolen); das Sicilische T. war wahrscheinlich dem nachsolonischen Attischen T. gleich; viel kleiner war das Syracusanische Kupfertalent; das alte Syracusanische T. enthielt 24 Nummen od. Litren (zu 12/3 attischen Obolen), gegen 11/2 Thlr., das neue Syracusanische T. nur 12 Nummen, also = 22/30 Thlr.; das Ägyptische[213] T. (= 80 römische Pfd.) war von dem Attischen wenig od. nicht verschieben; aber das kleine Ägyptische od. Syrische T. enthielt 1/4 des großen (1500 Drachmen), also 375 Thlr.; das Alexandrinische T. war etwas kleiner als das Attische u. verhielt sich zu demselben wie 6: 7, also gegen 1286 Thlr. Das Euböische T. kam dem vorsolonischen gleich; das Babylonische T. galt so v.w. das Äginetische. Das Goldtalent war entweder eine dem Silbertalent gleiche Summe Gold od. eine Summe Gold von dem Gewicht eines Silbertalentes, in letzterem Falle gegen 15.000 Thlr.; 2) theils jede hervorstechende Anlage u. Befähigung zu irgend einer Leistung, theils im Unterschiede vom Genie (s.d.) diejenige, welche mehr in der Leichtigkeit u. Sicherheit, mit welcher sie fremde Vorbilder sich aneignet u. glücklich nachbildet, als in der Ursprünglichkeit (Originalität) u. Musterhaftigkeit ihrer eigenen Leistungen sich zu erkennen gibt. Die Grenzen zwischen T. u. Genie sind jedoch nur da mit einiger Sicherheit festzustellen, wo es sich um selbständig productive Leistungen handelt; ein eminenter Grad des T-s für Sprachen wird wohl auch als Sprachgenie bezeichnet, während das größte mathematische T., insofern es auf die Aneignung u. Reproduction mathematischer Erkenntnisse beschränkt ist, immer noch von dem genial erfindenden Mathematiker unterschieden bleibt. Das T. kann so verschieden sein, wie die Mannigfaltigkeit menschlicher Leistungen überhaupt; man unterscheidet daher technische u. praktische T-e nach der Befähigung zu den verschiedenen technischen, mechanischen Leistungen u. den mannigfaltigen Gebieten äußerer Thätigkeit; wissenschaftliche entweder nach den verschiedenen Wissenschaften (mathematisches, philosophisches, historisches T. etc.), od. nach der Art der geistigen Thätigkeit, welche diese in Anspruch nehmen (T. der Beobachtung, der kritischen Prüfung, der speculativen Forschung etc.), ästhetische T-e (für Musik, Malerei, Mimik etc.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 213-214.
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