Editĭon

[479] Editĭon (v. lat. Editio), 1) überhaupt Herausgabe, Mittheilung von Sachen, welche man besitzt. 2) (E. actiōnis od. E. formŭlae), die in feierlichen W orten abgefaßte Instruction, welche der Prätor nach kürzlicher Prüfung einer Rechtssache (in jure) dem Kläger ertheilte, damit nach ihr der Richter (judex – in judicio) den Proceß leitete u. entschied. Verweigerte Ersterer die E. (Denegatio actioniss. formulae), so konnte keine Rechtsverfolgung weiter Statt finden. 3) (E. doc umentorum, Edition der Urkunden), Herausgabe von Urkunden. Wo Jemandem das Eigenthum od. Miteigenthum an einer Urkunde zusteht, od. wo dieselbe gerade über das einem Rechtsstreit zu Grunde liegende Verhältniß errichtet ist, kann diese Herausgabe immer verlangt werden. Außerdem sind die streitenden Theile sich gegenseitig zur Herausgabe der Urkunden, welche der Gegner zur Führung des eigentlichen Gegenbeweises bedarf, der Kläger überdies auch nach der gemeinen Meinung zur Herausgabe aller deren, welche der Beklagte zur Führung seines Beweises nöthig hat (richtiger wohl nur der Geschäftsbücher bei eingeklagten Geldforderungen), der Beklagte aber nur, wenn er wegen Zinswuchers verklagt ist u. dem klagenden Fiscus gegenüber, jeder Dritte unter denselben Bedingungen, unter denen er zum Zeugniß gezwungen werden könnte, zur E. verpflichtet. Die Bitte um E. veranlaßt, bes. wenn sie gegen einen Dritten gerichtet wird, öfters ein besonderes Incidentverfahren (Editionsverfahren), bei welchem der die E. Verlangende die Urkunde genau zu beschreiben, den Rechtsgrund, auf welchen hin er fordert, u. nöthigenfalls den Besitz der Urkunde Seitens des Gegners zu bescheinigen hat. Läugnet der Letztere (Edent) den Besitz, od. behauptet der aus der allgemeinen Editionspflicht in Anspruch genommene Dritte, nicht ohne eigenen Nachtheil ediren zu können, so kann er angehalten werden, hierüber einen besonderen Eid (Editionseid) zu leisten, der gemeinrechtlich als eine besondere Art des Reinigungseides, nach Sächsischem Rechte aber mehr als ein besonderer Gefährdeeid erscheint. 4) Ausgaben von Schriften, s. Ausgabe; daher E. princeps, die erste Ausgabe od. der erste Druck einer Schrift, s. ebd. 5) Editiones, in Rom Schauspiele u. Feste, von Magistraten, bes. von den nach höheren Ehrenämtern Trachtenden, wie Ädilen, Quästoren, Prätoren, gegeben. Der die E. Gebende (Edĭtor) durfte am Tage des Festes eine Toga praetexta tragen, Lictoren vor sich hergehen lassen u. durch den Circus auf einem zweispännigen Wagen fahren.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 479.
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