Gallussäure

[885] Gallussäure (Galläpfelsäure, Acidum galicum, auch Gallaceum), C14H6O10 + 2 aq., von Scheele 1786 entdeckt; in den Galläpfeln kommt sie nicht präformirt vor, sondern bildet sich erst aus der Gallusgerbsäure. Dagegen findet sie sich in den Mangokörnern, in der Nießwurz, Herbstzeitlose, an Strychnos, im Rhabarber u. in den Blättern der Bärentraube; sie krystallisirt in seinen glänzenden, weißen od. schwach gelblichen Nadeln, ist geruchlos, schmeckt herb säuerlich, reagirt stark sauer, löst sich schwer in kaltem Wasser, leichter in siedendem, leicht in Alkohol, schwierig in Äther; sie wird von Alkaloiden u. Leimlösung nicht gefällt, außer bei Gegenwart von Pflanzenschleim; auch von thierischen Häuten wird sie nicht gefällt, man kann sie daher von der Gerbsäure leicht trennen; durch Chlor wird sie zersetzt, aus Goldchlorid u. salpetersaurem Silberoxyd schlägt sie die Metalle regulinisch nieder; Eisenoxydsalze werden von ihr in der Kälte schwarzblau niedergeschlagen, welche Farbe sich beim Kochen verliert; beim längeren Stehen der kalten Mischung wird nach u. nach ein zum Theil lösliches Oxydsalz gebildet. Auch eine Auflösung von Eisenoxyduloxyd gibt mit G. einen tiefschwarzen, sich nicht verändernden Niederschlag. Die G. bildet sich durch Zersetzung der Gerbsäure, welche unter gewissen Bedingungen in G. u. Krümelzucker zerfällt; so wenn gepulverte Galläpfel angefeuchtet, einige Monate sich selbst überlassen werden, wo unter Schimmelbildung Absorption von Sauerstoff u. Entweichen von Kohlensäure G. (auch Ellagsäure, s. w. u.) entsteht, die man durch Auspressen, Behandlung des Rückstandes mit siedendem Wasser u. Krystallisiren gewinnt; ferner wenn eine Auflösung von reiner Gerbsäure od. ein starker Auszug von Galläpfeln, durch kalte Schwefelsäure gefällt, das Präcipitat in einem Theil Schwefelsäure u. zwei Theilen Wasser kochend, aufgelöst wird, die beim Erkalten sich bildenden Krystalle, durch Umkrystallisiren gereinigt u. in siedendem Wasser gelöst werden, die Lösung durch [885] Bleizucker gefällt u. die Verbindung durch Schwefelwasserstoff zerlegt wird. Auch aus dem kaltbereiteten, wäßrigen, concentrirten Auszug der Galläpfel ist durch freiwilliges Verdunsten an der Luft krystallisirte G. zu erhalten, die dann durch Umkrystallisiren u. Behandlung mit Thierkohle gereinigt wird. Die G. bildet mit Basen Gallussaure Salze. welche sich bei Gegenwart von überschüssigen Alkalien unter Absorption von Sauerstoff zerlegen, dabei durch gelb, grün, roth, in eine dunkelbraune Färbung übergehn; hierbei bildet sich eine dunkle, in Wasser unlösliche Substanz, die Gallsuminsäure. Die Gallussauern Salze sind theils einbasische (saure), theils zweibasische (neutrale); nur die erstern erhalten sich an der Luft unzersetzt. Kohlensaure alkalische Erden verwandeln die G. in die Blaugallussäure. Bei der Zersetzung der Galläpfeltinctur, od. der feuchten Galläpfel bildet sich neben der G. Ellag- od. Ellagallussäure. Durch Behandeln der G. mit heißer Schwefelsäure u. Fällung der Lösung mit Wasser erhält man die Paraellagsäure od. Rothgallussäure, C14H11O8 + 2 aq., welche glänzende rothbraune Krystalle bildet, mit Kali ein rothes krystallisirendes Salz gibt u. geheitzte Zeuge roth färbt (worauf vielleicht die Wirkung der Galläpfel beim Türkischrothfärben beruht). Bei trockner Destillation od. beim Erhitzen bis zu 212° der G. u. Gerbsäure setzt sich Brenz- od. Pyrogallussäure (Acidum pyrogal licum), C12H6O6, schon von Scheele entdeckt, als Sublimat ab Sie bildet weiße, glänzende, bittere, sauer reagirende, in Wasser, Alkohol, Äther lösliche Blättchen, zersetzt sich im Wasser u. an der Luft, röthet Eisenoxydsalze, reducirt Gold- u. Silbersalze, gibt mit Alkalien farblose, krystallisirbare, lösliche Salze, welche Eisenoxyd- u. Oxydulsalze dunkelschwarzblau fällen. Sie ist zur Erzeugung von Photographien als Reductionsmittel von großer Bedeutung geworden. Mit Kalilauge vermischt, absorbirt sie begierig Sauerstoff u. findet deshalb als eudiometrische Substanz Anwendung. Der nach Abscheidung der Brenzgallussäure in der Retorte gebliebene Rückstand, verändert sich, bis zu 250° erhitzt, in einen schwarzen, glänzenden, geschmacklosen, im Wasser unlöslichen, nicht flüchtigen, bei starker Hitze zersetzbaren, mit Basen zu schwarzen, unkrystallisirbaren Salzen sich verbindenden Körper: Mela- od. Melan-Gallussäure.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 885-886.
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