Heu [1]

[348] Heu, 1) getrocknetes Gras od. getrocknete Futterkräuter, so z.B. Kleeheu; bes. 2) das auf den Wiesen zum ersten Mal gehauene u. getrocknete Gras. Trockene Wiesen geben süßes, nasse Wiesen saures od. Schilfblätter enthaltendes H. Für Schafe u. melkende Kühe ist nur süßes, für Pferde, Hammel u. Mastvieh auch saures H. anzuwenden. H. ist nächst dem Grünfutter den Pferden u. Wiederkäuern das zuträglichste Futter, denn es enthält die nahrhaften Stoffe in dem angemessensten Umfange, gibt nächst dem Stroh den meisten Dünger u. wird von den Thieren auf die Dauer am liebsten gefressen. Auch die Mästung wird durch entsprechende Heugaben gefördert; die Annahme, daß frisches H. den Thieren schädlich sei, ist irrig. Die Heuernte muß begonnen werden, wenn der größte Theil der Wiesenpflanzen zu blühen anfängt (Mähreife), dann enthält das Gras die größte Menge von in Wasser auflöslichen Bestandtheilen u. ist am nahrhaftesten; der ganz reife Grasstängel verliert viel an Kraft u. die unteren Blätter fallen ab. Bes. machen mehrschürige Wiesen, des schnelleren u. besseren Nachwuchses wegen, die Beeilung der ersten Mahd nothwendig. In der Regel fällt dieselbe bei dreischürigen Wiesen Anfang Juni, bei zweischürigen Wiesen Mitte Juni; einschürige, hoch u. trocken gelegene Wiesen werden erst im August gemäht. Da das Gras nahe am Boden am dichtesten ist, so ist es nöthig, dasselbe dicht am Boden abzuhauen, wodurch auch der Nachwuchs des Grummets befördert wird; dies erreicht man aber in den Morgen- u. Abendstunden bei Thau. Der Mäher darf keine Kämme (Streifen von halbabgehauenem Grase) stehen lassen; er kann in einem Tage eine Wiese von 200 16füßigen Quadratruthen abmähen. Das gehauene Gras wird sogleich zerstreut, bei günstiger Witterung denselben Tag noch einige Mal gewendet u. vor Sonnenuntergang in kleine Haufen (Windhausen) gebracht. Den zweiten Tag, nachdem der Thau abgetrocknet ist, wird es wieder zerstreut, so daß das H. in Beete von 2 Ruthen ins Quadrat zu liegen kommt, zwischen denen hinreichend freier Raum bleiben muß, damit man das H. beim Wenden, das wieder einige Mal geschehen muß, hin- u. herstreuen kann; vor Sonnenuntergang wird es dann in größere Haufen gebracht; ebenso den dritten Tag, wo man es in Haufen von 5–8 Centnern (Heuschober) zusammen bringt. Nun kann es bei günstigem Wetter denselben Tag eingefahren werden; ist es aber zu spät, od. droht Regen, so muß man die Haufen fest u. oben spitz machen, damit sich das Wasser nicht hineinzieht. Von solchen beregneten Haufen zieht man, wenn die Witterung wieder günstig ist, nur die obere Schicht, so tief der Regen eingedrungen ist, ab u. trocknet diese wieder, während die Haufen, ohne sie wieder auseinander zu streuen, eingefahren werden können. Nicht trocken eingebrachtes H. schimmelt, fault od. entzündet sich u. ist, dem Vieh gefüttert, gefährlich. Am nachtheiligsten für das Heumachen ist Regenwetter, das wiederholt schnell mit warmem Sonnenschein abwechselt. In diesem Fall bringt man das halbtrockene H. in Regenhaufen, die etwas größer als die Windhausen sind u. bei windigem od. sonnigem Wetter aufgestreut werden. Kann das Aufstreuen, des anhaltenden Regens wegen, nicht geschehen, so müssen die Haufen öfter umgesetzt u. aufgelockert werden. Am sichersten geht man aber, wenn man das Gras bei ungünstiger Erntewitterung in Braunheu (s.d.) verwandelt. Um die Arbeiten beim Heumachen zu erleichtern, hat man Vorrichtungen zum Zusammenbringen u. Wenden des H-s erfunden. Das Sammeln bewirkt der englische Heurechen; er besteht aus einem 9 Fuß langen Stiele, an dem eine Doppelreihe seiner Zinken angebracht ist u. der etwa 4 Fuß am Kammrücken messend, von einem Pferde gezogen wird. Sind die Zwischenräume von einem Zahn zum andern gefüllt, so wendet der Arbeiter den Rechen auf die andere Seite u. bringt dadurch die leeren Zähne mit dem Boden in Verbindung. Zum Wenden des H-s dient die Heuwendemaschine; verschiedene Constructionen derselben sind die Solman'sche, Weisessche, Smith'sche; die letztere ist ganz von Eisen u. besteht aus zwei getrennten Cylindern mit beweglichem Rechen auf dem Mantel; ein starkes Pferd genügt zur Fortbewegung. Zuerst wird sie in die Schwaden der Länge nach, dann in senkrechter Richtung od. quer auf die Schwaden geführt. Sie verrichtet die Arbeit von 12 Männern. Das Aufbewahren des H-s geschieht entweder auf Böden od. in Heuscheunen (s.d.). Auf ersteren muß es, gehörig trocken, fest zusammengetreten werden, damit es nicht schimmelt. Befindet sich der Boden über Viehställen, so muß die Decke gut verwahrt sein, od. man muß dem H. eine Unterlage von Stroh geben, damit das H. durch die Ausdünstungen des Viehes nicht verdirbt. Dem Erhitzen od. Verderben des nicht trocken eingebrachten H-s sucht man vorzubeugen, indem man beim Einbansen Schichten Stroh dazwischen legt od. Luftröhren darin anbringt. Man füllt mehrere Säcke mit H. od. Häcksel u. stellt sie aufrecht an verschiedenen Stellen auf den Heuspeicher. Um sie herum setzt man das H. auf, u. wie man mit diesem in die Höhe kommt, zieht man auch den Sack in die Höhe nach. So bildet sich unter dem Sack eine Röhre, u. wenn man den Sack zuletzt herauszieht, hat man einen offenen Luftkanal. Vortheilhafter behufs der Aufbewahrung ist das Pressen des H-s, indem dadurch die kostspieligen, geräumigen Vorrathsbehälter zum Theil entbehrlich werden u. der Transport u. die Vertheilung der Futterportionen durch cubische Maße erleichtert u. das compacte Futter vor Feuersgefahr mehr gesichert wird; vgl. Heupresse. In England[348] ist das Aufbewahren des H-s in Heufeimen gebräuchlich (s. Feimen).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 348-349.
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