Matthäus [1]

[9] Matthäus (v. hebr. Matthithjah, so v.w. griech. Theodoros). I. Biblische Person: 1) St. M., eigentlich Levi geheißen, war aus Galiläa gebürtig u. Zolleinnehmer am See Tiberias; er trat unter die zwölf Apostel Jesu, bei welcher Gelegenheit er wahrscheinlich den Namen M. annahm. Über seinen apostolischen Wirkungskreis, seine Schicksale, Zeit, Ort u. Art seines Todes wird verschiedenes erzählt; nach den Meisten soll er bes. außerhalb Palästina thätig gewesen sein, entweder in Macedonien, od. in Ägypten, Syrien od. Arabien. Das Evangelium nach M. war nach der gewöhnlichen Annahme für Judenchristen geschrieben u. zwar, wie die Kirchenväter nach Papias berichten, ursprünglich in der damals in Palästina herrschenden Chaldäischen od. Aramäischen Sprache; nach Bleek u. de Wette war das von Papias gekannte aramäische Evangelium nur eine für Judenchristen bestimmte Überarbeitung des canonischen griechischen M.; nach Schleiermacher war die Meinung des Papias die, daß man Aussprüche Jesu (λογία κυριακά) in Aramäischer Sprache zusammenschrieb, welche nachher ein Jeder nach bestem Wissen erläuterte, eine solche Erläuterung sei das griechische Evangelium nach M.; nach Delitzsch umfaßten die λογία nicht allein Sprüche, sondern auch eine geschichtliche Unterlage. Die Zeit der Abfassung des Evangeliums ist wohl zwischen 60 u. 70 n.Chr. zu setzen. Manche leugnen den apostolischen Ursprung des Evangeliums, Andere bezweifeln ihn wenigstens, Andere (wie Bleek) sehen in dem Verfasser des Buches, welches kurz vor der Zerstörung Jerusalems entstanden sei, einen Palästinenser jüdischen Ursprungs, welcher für die palästinensischen Judenchristen schrieb u. bereits ein griechisches Urevangelium benutzte, welches nicht von einem Apostel in Galiläa verfaßt gewesen sei. Vgl. Griesbach, Commentarius criticus in graecum Matthaei textum, Jena 1811; F. W. von Schubert, De infantiae Christi historiae a Matthaeo et Luca exhibitae authentia, Greifsw. 1815; J. G. Müller, Über die Echtheit der 2 ersten Kapitel des Evangeliums Matthäi, Trier 1830; Sieffert, Über den Ursprung des ersten canonischen Evangeliums, Königsb. 1832; Klener, Recentiores de evangelio Matthaei quaestiones recensentur et dijudicantur, Gött. 1832; Schott, Über die Authenticität des canonischen Evangeliums nach M. benannt, Lpz. 1837; Delitzsch, Entstehung des Matthäusevangeliums, ebd. 1853; Hilgenfeld, Die Evangelien nach ihrer Entstehung u. geschichtlichen Bedeutung. ebd. 1854; Erklärungsschriften speciell des M. von: Bullinger, Zür. 1542; Musculus, Basel 1578; A. Calovius, Wittenb. 1669; J. Gerhard, Jena 1663; Olearius, Lpz. 1713; J. Elsner, herausgegeben von Stosch, 1767; Gratz, Tüb. 1821, 1. Thl.; Fritzsche, Lpz. 1826; dann in den Commentaren über das N. T. von Olshausen, Meyer, de Wette, Baumgarten-Crusius, Lange's Bibelwerk.

II. Fürsten. A) Griechische Kaiser: 2) M. Kantakuzenos, so v.w. Matthias 3). B) Herzöge von Lothringen: 3) so v.w. Matthias. C) Podestas von Mailand, s.u. Mailand u. Visconti.

III. Andere Personen: 4) M. Vindocinensis, geb. in Vendôme, lebte im letzten Viertel des 11. Jahrh., studirte in Paris u. Orleans u. scheint später in Tours Schulmeister gewesen zu sein. Er ist der Verfasser der Tobias, eines um 1185 verfaßten lateinischen Gedichts über die biblische Geschichte des Tobias (Lyon 1511, Basel 1563, Bremen 1642 u. von Müldener, Gött. 1855). 5) M. Paris, geb. zu Anfang des 13. Jahrh. in England, wurde 1217 Mönch im Cluniacenserkloster zu St. Alban, stand bei Heinrich III. in großem Ansehn u. st. 1259; er schr. u.a. eine Geschichte Englands von 1066–1259, bes. seit 1235 wichtig, fortgesetzt bis 1273 vom Mönch William Rishanger; zuerst herausgegeben von M. Parker, 1571, dann von Wats, Lond. 1640, Fol., u.ö. 6) M. Blastares, Byzantiner, erst Weltpriester, dann Mönch; schr. 1335 Σύνταγμα κατὰ στοιχεῖον, eine alphabetische Zusammenstellung bürgerlicher u. kirchlicher Gesetze, herausgegeben im 2. Bde. von Beveregius' Synodicon. 7) M. von Bassi, s. Bassi 1).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 9.
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