Orinoco

[364] Orinoco (Orenoco), 1) (früher auch Parima genannt), Strom im Norden Südamerikas; entspringt auf der Sierra Parima aus dem See Ibana, durchströmt in seinem oberen Laufe das Hochland von Guayana (das von Venezuela u. Brasilien), beginnt bei Esmeraldas seinen mittleren Lauf, entsendet dann südwärts den Rio Cassiquiari zur Verbindung mit dem Rio Negro, bildet darauf die Grenze zwischen Venezuela u. der Granada Confederation, während sein Unterlauf (von der Mündung des Apure an) ausschließlich Venezuela angehört, u. mündet in den Atlantischen Ocean. Der O. beschreibt um sein Qnellengebiet eine Spirallinie, indem er erst südlich, dann westlich, dann nördlich u. zuletzt östlich fließt. Seine Stromlänge, welche 338 Meilen einnimmt, beträgt daher in gerader Linie von der Quelle bis zur Mündung nur ungefähr 100 Meilen; sein Stromgebiet wird auf 18,000 QM. geschätzt; seine Hauptzuflüsse sind links: Parana, Guaviare (Guaiabero von S. Juan mit dem Inirita u. Ua), Vichada, Meta, Arauca, Apure, Arui; rechts: Maquiritari, Padamo, Ventuari, Aricari, Caroni u.a. Ungefähr 30 Ml. unterhalb Angostura wird der O. an 3 Ml. breit u. beginnt sein gegen 400 QM großes Delta; sein Ausfluß geschieht durch eine große Menge (50) Mündungen, von denen 6 (Groß Manamo, Pedernates, Capuro, Macareo, Mariusas, die Große Mündung od. La Boca de Navios, 5 Meilen breit) schiffbar sind. In diesen Mündungen liegen verschiedene Inseln, darunter die Gruppe Islot-Cangrajos (Cangray), mit caraibischen Einwohnern. Seine Breite ist verschieden, bei S. Thomas 3850 Faden, beim Ausfluß breitet er sich über 52 Meilen aus; seine Überschwemmungen sind vom April bis October so bedeutend, daß der Strom oft 25 deutsche Meilen breit wird; seine [364] Tiefe ist an manchen Orten sehr beträchtlich, bei S. Thomas wenigstens 65 Faden; sein Stromwasser drängt sich wegen des heftigen Ausflusses sehr weit unvermischt in das Meer hinaus u. bildet mit seinem grünlichen Wasser einen merkwürdigen Contrast gegen die Indigofarbe des Oceans. Die Schifffahrt auf dem O. ist durch seine Schnelligkeit, so wie durch einige Engen etwas schwierig. Die Verbindung desselben mit dem Rio Negro durch den Naturkanal Cassiquiari macht ihn für Wassercommunication sehr wichtig. 2) Sonst Provinz der nordamerikanischen Republik Venezuela, an den Atlantischen Ocean, Britisch Guayana, Brasilien, Ecuador, Neu-Granada u. Cumana grenzend, 13,452 QM.; die jetzigen Provinzen Apure, Varinas (s. beide) u. Guayana (11,292 QM. mit 57,000 Ew. u. der Hauptstadt Bolivar) umfassend. O. war das Eldorado der Spanier, wo man große Reichthümer zu finden hoffte; um dies aufzusuchen, führte Philipp von Hutten 1541–45 eine Abtheilung Spanier dahin; 1580 unternahm de Silva einen Zug, 1586 ging Antonio Berrio y Orunna dahin u. gründete Guayana, aber alle fanden das Erwartete nicht. Walter Raleigh untersuchte 1595 u. 1616 die Küste von Guayana u. die Mündung des Orinoco, u. später noch, bis zu Anfang des vorigen Jahrh. traten Suchende auf, ja noch 1780 Antonio Santos.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 364-365.
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